Fazit Nordspanien

Oktober 2023

Unsere Reisezeit in Nordspanien geht nach 3 Wochen langsam zu Ende. Diese Region hat uns überrascht und mit seiner Vielfalt fasziniert. Berge und Meer liegen so nah beieinander. Am Atlantik treffen wir auf schroffe Steilküsten, herrliche Sandstrände, grüne wellige Küstenabschnitte mit Weiden, die bis fast ans Meer reichen und kleine sehenswerte Orte.

In den verschiedenen Gebirgen, die wir besucht haben, sind es die hohen kahlen Gipfel, dichte Wälder und Schluchten, die uns staunen lassen und Bergdörfer mit Wiesen und Weiden, die uns an die Schweiz erinnern. Und überall Weidevieh wie aus dem Bilderbuch. Die Wanderungen waren zwar absolut schweißtreibend, aber gehören zu den Highlights unserer Reise.

Fast überall treffen wir auf die unterschiedlichen Routen des Jakobswegs, an der Küste, selbst in den Picos de Europa und wir kreuzen immer wieder den Camino frances. An manchen Tagen sehen wir nur einzelne Pilger, an anderen ganze Pilgerströme. Die Atmosphäre nehmen wir an einzelnen Pilgerorten sehr unterschiedlich wahr. Aufbruchstimmung bei Sommerwetter im Saint-Jean-Pied-de-Port, in Villafranca del Bierzo treffen wir bei fürchterlichem Regenwetter auf viele erschöpfte Pilger, die sich in Cafés ausruhen, nachdem wir sie vorher teils schon an der Hauptverkehrsstrasse entlang wandern haben sehen.

In Santiago de Compostela war es anrührend zu sehen, wie glücklich viele Pilger im Regen vor der Kathedrale standen, sich in den Armen lagen und Fotos machten. Endlich am Ziel – unsere Hochachtung.

Auch wir sind dem Weg an manchen Tagen etwas gefolgt, meist auf landschaftlich reizvollen Strecken, aber wir haben uns dann doch gegen einige Tage Schnupperpilgern auf den letzten Etappen vor Santiago de Compostela entschieden. Zum einen hätten wir einige Ausrüstungsgegenstände kaufen müssen, wie z. B. Schlafsack, Rucksack und was der Pilger so braucht. Läden dafür gabs genug. Zum anderen überraschte uns das Wetter ­ Pilgern in Gummistiefeln ­ nicht so sinnvoll. Aber der Hauptgrund ist, dass uns klar wurde, es geht um das Loslassen des Alltags, Verzicht auf Gewohntes und darum sich auf Neues einzulassen, auch auf körperliche Strapazen. Das geht wohl kaum in wenige Tagen und die Frage stellt sich, von welchem Alltag eigentlich. Unserem Reisealltag?

Außerdem kam es uns sehr komisch vor, sich so kurz vor dem Ziel unter all die Pilger zu mischen, die hunderte von Kilometern gegangen sind, um in Santiago de Compostela anzukommen.

Irgendwie fühlt es sich falsch an hier ebenfalls ein Selfie zu machen.

Auch die Menschen begegnen uns sehr freundlich und hilfsbereit. Gegrüßt werden wir überall. Wir erhalten wieder Reisetipps und ungefragt Wander- und Stadtpläne. Und völlig problemlos und teils mit Lächeln kommen Hände und Füße bei Verständigungsproblemen zum Einsatz oder eben Google Translation.

Nun geht es weiter nach Portugal.

Sturm und Regen

18. bis 20. Oktober 2023

Wir bewegen uns in Richtung Santiago de Compostella. Viele Pilgerwege aus unterschiedlichen Richtungen vereinen sich hier zu einigen wenigen Hauptrouten. Daher treffen wir immer häufiger auf Pilger, die entlang der Straße wandern, denn die Routen des Jakobswegs folgen oft den Verkehrswegen. Diese Strecken gibt es schon seit Jahrhunderten und sie nehmen nicht immer Rücksicht auf bequeme oder landschaftlich schöne Wege. Der Sinn des Pilgerns liegt in der inneren Einkehr und der Buße. Letzteres Ziel hatte in früheren Zeiten sicherlich eine höhere Bedeutung.

Schon vor Santiago de Compostella wurde der Himmel immer dunkler. Was dann jedoch begann, ist kaum zu beschreiben. Starker Wind kam auf und innerhalb weniger Minuten fielen 20 bis 30 Liter Wasser. Dieses Szenario wiederholte sich über Stunden. Es fühlte sich an, als ob Wasserwellen über uns hinwegfegen würden. Die Situation war angsteinflößend. Wir hatten noch unsere Wanderschuhe draußen stehen, konnten den Bus jedoch nicht verlassen, um sie in Sicherheit zu bringen, weil der Regen sofort durch die offene Schiebetür gepeitscht wäre.

Später lasen wir in den lokalen Medien, dass die tieferen Teile der Stadt unter Wasser standen und einige Menschen aus ihren Autos gerettet werden mussten.

Erst am Abend stoppte der Regen für kurze Zeit und wir konnten einen kurzen Ausflug in die Innenstadt machen. In der Nacht und am nächsten Morgen regnete es weiterhin so heftig. In den spanischen Medien war zu lesen, dass an manchen Orten die Hälfte der Jahresregenmenge gefallen war. Santiago de Compostella scheint zu diesen Orten zu gehören.

Wir haben uns gefragt, was die Pilger unterwegs in dieser Situation gemacht haben. Diesem Unwetter kann auch die beste Ausrüstung nichts entgegensetzen.

Am Ziel: Pilger machen Selfies vor der Kathedrale
Im Innenraum der Kathedrale

Einige Tage soll uns dieses Unwetter noch begleiten. Am Fluss Miño, der die Grenze zu Portugal bildet, hatten wir eine schlaflose Nacht. Der Sturm schüttelt den Bus die ganze Nacht kräftig durch und der Regen veranstaltete ein Höllenspektakel auf dem GFK-Dach.

Am Morgen hörte der Regen auf und es bot sich uns ein grandioses Schauspiel: Dort wo der Fluss Miño auf den Atlantik trifft, bildeten sich meterhohe Brecher und die Küste war dick bedeckt von Algenschaum.

Im Hafen des Ortes A Guarda überspülten die Wellen die Hafenmauern und den kleinen Leuchtturm. Einige sehr wagemutige Surfer trauten sich im Hafenbecken sogar in die starke Brandung.

Die Hafenstadt A Guarda mit ihren bunten Häusern

Fasziniert von diesem Schauspiel kamen wir salzverkrustet und sogar bei Sonnenschein, zurück zu unserm Bus, der durch das Unwetter nur einige kleinere Blessuren abbekommen hat.

Kunst am Baum

Ein Kunstprojekt in einem Wald bei A Guarda. Bei den Zeichen handelt es sich um Galizische Pertoglyphen, die beim Berg Trega gefunden wurden.

Las Medulas: Das Gold der Römer

16. bis 17. Oktober 2023

Wir entscheiden wir uns die Küste bei Aviles endgültig zu verlassen und durch den Somiedo Nationalpark in Richtung Santiago de Compostela zu fahren. Im Nationalpark werden wir auf unserer Fahrt hinauf zum Ort Pola de Somiedo vor Bären gewarnt, die die Straße überqueren könnten.

Wir treffen keinen, auch nicht auf unserer Wanderung hinauf in die Berge. Die höchsten Gipfel sind auch hier bis zu 2200 Meter, geprägt ist die Gegend von Berglandwirtschaft, wir treffen kaum Menschen, aber viele Weidetiere.

Eigentlich wollten wir noch in ein hoch gelegenes Bergdorf, um von dort aus in die Berge zu wandern. Es gab jedoch eine Sturmwarnung und wir entschlossen uns am nächsten Morgen weiterzufahren. Bei der Passüberquerung im Naturpark Somiedo wurde aus dem Wind tatsächlich ein Sturm mit Böen, die bis zu 140 km/h erreichten sollten. Der Bus quälte sich bei heftigem Seitenwind eine steile Passstraße hinauf. Äste, die der Sturm abgerissen hatte, lagen auf der Straße. Auf der Passhöhe, bei 1500 Metern, hatten wir einen Durchschnittsverbrauch von 25 Litern – sonst sind es meist 9 Liter – und die Öltemperatur erreichte fast 130 Grad. Wir hatten nicht erwartet, dass Nordspanien so gebirgig ist. Selbst manche Autobahnabschnitte bringen das Fahrzeug an seine Belastungsgrenze.

Pola de Somiedo

Las Medulas

Nach der Überquerung des Passes machen wir einen Stopp in Villafranca del Bierzo und besuchen am nächsten Tag die größte Goldmine des römischen Reichs „Las Medulas“, die zum Unesco Welterbe erklärt wurde.

Um das Jahr 25 v. Chr. eroberten die Römer dieses Gebiet, welches wegen der bedeutenden Bodenschätze für sie von Interesse war. In Las Medulas gab es ein reiches Vorkommen an Gold, welches von den Römern mithilfe einer interessanten Technik gefördert wurde. Etwa 60.000 Arbeiter waren damit beschäftigt, die Berge mit vertikalen und horizontalen Minengängen zu durchziehen.

Über ein 100 Km langes Kanalsystem wurde aus den Bergen Wasser zu den Minen transportiert. Dieses Wasser leitete man in die Minengänge, was dazu führte, dass die Berge teilweise einstürzten.

War dies geschehen, konnte man das lose Material auswaschen und so an das Gold gelangen.

In rund 250 Jahren wurden auf diese Weise mehr als 1600 Tonnen Gold gewonnen.

Plinius der Ältere, schreibt hierzu in der Naturalis historia 33, 70: »Die dritte Art (Gold zu fördern) übersteigt das Werk von Giganten. Die Berge werden mit Gängen und Stollen im Licht von Lampen ausgehöhlt … Monatelang sehen die Bergleute keine Sonne … Plötzlich stürzen die Spalten ein und verschütten die Arbeiter, so dass es weniger gewagt erscheint, Perlen und Purpurschnecken aus der Tiefe des Meeres zu holen. Wie gefährlich haben wir die Erde gemacht!«

Zunächst wandern wir bei bewölktem Himmel zu einzelnen Bergkegeln und Felsen, die allesamt rötlich wirken. Der Weg geht durch Esskastanienwälder, durch den Regen der letzten Tage ist der Weg voller Früchte. Allerdings weisen Schilder daraufhin, dass es verboten ist auch nur eine einzige aufzusammeln und zu essen, was wir jedoch nicht befolgen. Die unterschiedlichen, teilweise sehr alten Bäume und besonders ihre bizarren Stämme sind sehr beeindruckend.

Einen wirklich atemberaubenden Ausblick auf die zerklüftete Hügellandschaft haben wir dann von einer Aussichtsplattform, die wir nach steilem Aufstieg erreichen. Und wir haben Glück: Die Sonne scheint kurzzeitig durch einige Wolkenlücken und lässt die Berge rot-orange inmitten der grünen Wälder leuchten. Ein besonderes Erlebnis.

Kochen und Hausarbeit

Wäsche sortieren im Bus

Abstecher nach Brasilia

15. Oktober 2023

Von Funte Dé gab es zwei Möglichkeiten für unsere Weiterfahrt: Entweder über eine hohe Passstraße, die mit vielen Kehren über das Gebirge Picos de Europa führt oder die Fahrt zurück an die Atlantikküste. Wir haben uns für die zweite Möglichkeit entschieden und es nicht bereut. Die Küste in dieser Region besteht aus hohen, steilen Klippen, die im Laufe der Zeit von der starken Brandung ausgehöhlt und gestaltet wurden. Dazwischen findet man immer wieder kleine Badebuchten. Nur Baden war in diesen Tagen leider nicht möglich, da es einen Wetterumschwung gab und viel regnete. Wenn man ein gutes Buch hat, können ein oder zwei solcher Tage im Bus auch ganz gemütlich sein.

Aktuell richtet sich unsere Reiseplanung stark danach, wo noch offene Campingplätze zu finden sind. Gerade bei schlechtem Wetter benötigt man eine warme Dusche und ein Minimum an Infrastruktur.

Es sind entlang der nordspanischen Atlantikküste nur noch eine Handvoll Plätze geöffnet und dort treffen sich die wenigen späten Urlauber oder diejenigen, die in Portugal überwintern möchten.

Suchbild: Wo ist der braune Bus?

Kulturzentrum Avilés

Das Foto, welches diesen Bericht einleitet, scheint in der Stadt Brasilia aufgenommen zu sein. Tatsächlich ist es jedoch in Nordspanien entstanden. Der Architekt Oscar Niemeyer hat hier ein großes Kulturzentrum gebaut, das er selbst als sein liebstes Werk bezeichnete.

Wie kam es zu diesem Projekt? 1989 erhielt Niemeyer den »Prinz von Asturien Preis der Künste« und entwarf anlässlich des 25. Jubiläums der Preisverleihung dieses Zentrum, welches 2011 in Avilés eingeweiht wurde.

Avilés ist eine Stadt, die lange Zeit von der Schwerindustrie lebte. Wie in vielen europäischen Industriezentren verlagerten sich auch hier die Standorte ins Ausland oder wurden ganz geschlossen. Zurück blieb eine Stadt mit von Ruß und Rauch gefärbten Fassaden und Industrieruinen. Keine Stadt, die man gerne besuchen möchte. Und gerade hier siedelte Niemeyer sein Kulturzentrum an. Es scheint wie aus einer anderen Welt zwischen Hafen und Altstadt gelandet zu sein. Strahlend weiß und gelb, geradlinig, futuristisch. Genau das Gegenteil der umliegenden Industriearchitektur. Und genau das macht den Reiz dieser 17.000 qm großen Anlage aus.

Wie auch bei seinen anderen Projekten ließ sich Niemeyer von der Natur inspirieren. Die geschwungene Brücke ist ein Fluss, das Auditorium eine Welle, die sich bricht. Darin befindet sich ein Theater mit einer großen Bühne, die von innen und nach außen zu Platz bespielbar ist.

Auf dem Platz steht ein Turm mit spiralförmiger Treppe, die von einer runden Scheibe gekrönt wird und ein Restaurant beherbergt. Dieses Objekt symbolisiert einen Baum.

Die Kuppel, eine Halbkugel aus Spritzbeton, ist ein offener Raum mit einer Grundfläche von 4000 qm. Hier werden regelmäßig Wechselausstellungen gezeigt.

Baum und Fluss

Auditorium

Kuppel

Niemeyer charakterisiert dieses Zentrum als »einen großen Platz, der allen Männern und Frauen der Welt offen steht, eine große Theaterbühne über der Flussmündung und der Altstadt. Ein Ort der Bildung, der Kultur und des Friedens.«

Für uns eine große Überraschung, einen solchen Ort in Nordspanien gefunden zu haben.

Picos de Europa

10. bis 13. Oktober 2023

Nach den zwei Stadtbesuchen so kurz hinter einander stand uns der Sinn wieder nach mehr Natur. Unser nächster Stopp auf unserer Tour entlang der Küste von Kantabrien war der Ort San Viencente de la Barquera, wo wir auf einem Campingplatz standen, der direkt an einem Surferstrand lag.

San Viencente de la Barquera

Schon auf unserer Fahrt entlang der Küste von Kantabrien und besonders in San Viencente de la Barquera zeichnete sich im Hintergrund die Gebirgskette »Picos de Europa – Gipfel Europas« ab. Wir hatten noch nie von diesen Bergen gehört und waren schon aus der Ferne beeindruckt von diesem Kalksteinmassiv. Deshalb war schnell klar, dass dies unser nächstes Ziel sein sollte.

Picos de Europa am Horizont

Die Picos de Europa liegen Luftlinie nur etwa 25 Kilometer vom Atlantik entfernt, sind seit 1995 der größte Nationalpark Spaniens. Die Gipfel der höchsten Erhebungen reichen auf bis zu 2600 Meter. Unser Ziel war der Ort Fuente Dé, von wo aus eine Kabelseilbahn von 1070 Meter auf die Höhe von 1823 Meter geht.

Die Fahrt vom Atlantik war, wie im Reiseführer schon beschreiben, teils abenteuerlich. Besonders bei der Fahrt durch die enge Hermidaschlucht, wo man durch bis zu 600 Meter hohe Felswände fährt und man mit einem so hohen Fahrzeug wie unserem Bus sehr auf Felsüberhänge achten muss. Zum Glück fanden umfangreiche Bauarbeiten an der Straße statt, sodass der Verkehr teils einspurig geregelt wurde und somit wenig Gegenverkehr zu beachten war.

Bei der Fahrt durch die Hermidaschlucht muss man mit einem hohen Fahrzeug auf die Felsüberhänge achten

Den ersten Tag unternahmen wir nur eine kleine Wanderung durch die Bergwiesen mit Kühen und Schafen im Tal und ließen die Berge um uns herum auf uns wirken. Für den nächsten Tag planten wir eine Fahrt mit der Seilbahn und dann eine Wanderung über die Berghöhe wieder zurück ins Tal.

Pünktlich um kurz vor 10 Uhr dem Start der Bergbahnfahrten, fanden wir uns am nächsten Tag an der Talstation ein und trafen zunächst auf lange Warteschlangen. Nationalfeiertag in Spanien – letzter Tag mit gutem Wetter laut Prognose – entsprechend groß war der Andrang. Wir hatten Glück und erwischten noch ein Ticket für die Fahrt um 12 Uhr mittags.

In nur 4 Minuten brachte uns die Seilbahn, die nur an einem Kabel hängt, in die Bergwelt, wo uns klare Sicht und herrlicher Sonnenschein empfing. Atemberaubend. Bis zur Passhöhe waren außer uns viele Wanderer unterwegs. Ein Teil kehrten dann zur Bergstation zurück, andere schlugen den Weg zum Berggipfel ein, einige wenige den Weg hinunter ins Tal so wie wir.

Zunächst ging es einemWirtschaftsweg entlang, der immer neue Ausblicke auf die schroffe Gebirgslandschaft bot.

Weiter unten begegnen uns auf den Bergwiesen Kühe, Schafe und Pferde bis wir zu einem Berghotel kamen.

Freilaufende Stiere

Ab hier müssen wir uns leider den Weg ab und an mit Pickups oder Motorrädern teilen, die den Feiertag zu einem Ausflug zum Hotel oder in die Berge nutzen. Sehr unangenehm für uns, da sie uns in eine Staubwolke hüllen, wenn wir nicht da Weite suchen. Mit Erreichen der Baumgrenze verlassen wir den Wirtschaftsweg und steigen auf einem kleinen Pfad durch Eichenwälder hinab zur Talstation, die wir erschöpft, aber sehr begeistert von der Tour nach 4 ½ Stunden erreichen.

Ein weiterer Höhepunkt unserer Reise – unbedingt zu empfehlen.

Nervenkitzel …

Balkon über dem Abgrund

Eine weitere Empfehlung …

Der urige Campingplatz in Fuente Dé, der auf 1100 Metern Höhe liegt

Von San Sebastian nach Bilbao

4. bis 8. Oktober 2023

Die Aufenthalte in den Städten sind für uns immer mit einem kleinen logistischen Kraftakt verbunden. Falls es Campingplätze gibt, liegen diese meist weiter außerhalb und die Stadt muss mit öffentlichen Verkehrsmitteln angesteuert werden. Klar, Google Maps hilft prima bei der Verbindungssuche, aber mit den Tücken der jeweiligen Fahrkartenautomaten muss man sich dennoch herumschlagen. Stellplätze für Wohnmobile sind größtenteils zentraler gelegen, jedoch oft überfüllt. Freistehen wird in französischen und spanischen Städten nicht empfohlen, denn Wohnmobile werden oft und gerne aufgebrochen, da die Diebe wissen, dass es dort immer etwas zu holen gibt. Schließlich fährt man im Camper seinen kompletten mobilen Hausstand durch die Gegend.

San Sebastian

In San Sebastian haben wir relativ zeitig einen öffentlichen Stellplatz für Wohnmobile angesteuert und dort tatsächlich den letzten Platz ergattert. Wir stehen ungern auf solchen Plätzen. Es ist dort sehr eng und manchmal auch laut. Manchmal werden die Plätze von unerschütterlichen Optimisten noch spät in der Nacht angesteuert, die nicht auf die Idee kommen auszusteigen, um einen Platz zu suchen, sondern mit laut aufheulendem Motor die Reihen abfahren. Es gibt dort meist keinerlei sanitären Einrichtungen, keine Möglichkeiten abzuwaschen und keinen Strom: Was für die großen Mobile kein Problem darstellt, für die Reisenden in Kleinbussen jedoch schon. Allerdings gibt es in den spanischen Städten öffentliche Duschen und öffentliche Toiletten, die überwiegend sehr gepflegt sind.

San Sebastian glänzt durch eine tolle Lage. Die Stadt liegt gleich an zwei Buchten, die über beeindruckende Sandstrände verfügen. Stand und Strandpromenade waren jetzt im Oktober noch überraschen gut besucht. Entlang der Promenade gibt es viel wohlhabende Bäderarchitektur zu sehen.

Die typisch spanische Altstadt mit ihren hohen engen Gassen verfügt über eine Besonderheit: Die Bars ,in denen Pintxo anboten werden, wie die Tapas hier genannt werden, reihen sich in der historischen Altstadt aneinander. Auf den Tresen stapeln sich kunstvoll belegte Weißbrotscheiben. Man sollte jedoch nicht allzu hungrig eine solche Bar betreten. Die kleinen Brotstückchen kosten meist zwischen 4 und 7 Euro. Es kann also ein kleines Vermögen kosten, sich hier satt essen zu wollen.

Ansonsten verfügt San Sebastian über keine kulturellen Besonderheiten mit besonderer Strahlkraft.

Der zentrale Platz in der Altstadt: Die Balkone sind nummeriert. Sie dienten als Logen, als hier noch Stierkämpfe abgehalten wurden.

Bilbao

Das verhält sich in Bilbao ganz anders: Hier gibt es das Guggenheim Museum, welches rund eine Million Reisende jährlich in die Stadt lockt. Man spricht hier vom sogenannten Bilbao-Effekt. Der Bau des Museums hat dauerhaft für tausende von Arbeitsplätzen in der Gastronomie und der Hotelbranche gesorgt. Ohne das Guggenheim-Museum kämen vermutlich nur wenige Reisenden auf die Idee, das »Manchester Spaniens« zu besuchen.

Das Guggenheim-Museum, welches Frank O. Gehry geplant wurde, zieht gleichermaßen Liebhaber von Architektur und Kunst an. Das Gebäude ist selbst ein Kunstobjekt, das die Besucher in Erstaunen versetzt, aber auch polarisiert.

Die Außenfassade des Guggenheim-Museums besteht aus Titanplatten

Ich habe mich Anblick der ineinander verschachtelten Formen gefragt, wie man vor mehr als 25 Jahren – in einer Zeit als es noch keine 3D CAD Programme gab – ein solches Gebäude entwerfen und bauen konnte.

Im Innern findet man die monumentalen Stahlskulpturen von Richard Serra, die extra für diesen Museumsbau entwickelt und gefertigt wurden.

Aktuell wurden Sonderausstellungen von Picassos Skulpturen und den Werken von Yayoi Kusama gezeigt.

Neben allem dem Positiven, welches über den Besuch der Ausstellungen im Guggenheim-Museum gesagt werden kann, gibt es auch einen negativen Aspekt und dies ist einerseits die Flut an Besuchern und andererseits die unglaubliche Lautstärke, die in manchen Ausstellungsräumen herrschte.

Sonderausstellungen mit Skulpturen Picassos…
… und Werken von Yayoi Kusama

Auch unser Besuch in Bilbao erforderte eine gute Vorbereitung: Tickets für die Ausstellung und ein Stellplatz mussten online gebucht werden. Solche Onlinebuchungen sind unterwegs nicht immer einfach zu realisieren. So erhielten wir vom Stellplatz in Bilbao eine Word-Datei auf Spanisch, die wir zunächst konvertieren, übersetzen und dann schnellstens auf dem Handy ausfüllen und spätestens 48 Stunden vor dem geplanten Eintreffen wieder zurücksenden mussten. Am Ende hat alles gut geklappt, aber wir investieren für solche Vorbereitungen viel mehr Zeit, als wir dies vor unserer Reise geahnt hatten.

Pamplona

4. Oktober 2023

Unser Abstecher in die Pyrenäen führte uns durch die Stadt Pamplona, die 74 v. Chr. auf einer Hochebene gegründet wurde und der Absicherung des strategisch wichtigen Pyrenäenüberganges von Roncesvalles diente. Hier treffen wir auch wieder auf den Jakobsweg, dem wir vor einigen Tagen nach der Überquerung der Passhöhe schon ein Stück gefolgt sind.

Altstadt von Pamplona

Bekannt ist die Stadt vor allem durch das alljährlich stattfindende religiöse Fest Sanfermines. Während einer Prozession werden Gigantes, überlebensgroße Pappmachéfiguren, durch die Stadt getragen. Die Teilnehmer der Prozession sind weiß gekleidet und tragen rote Halstücher und Schärpen.

Während der Sanfermines finden auch die berühmten Stierläufe statt. Dabei werden die Stiere durch die Straßen der Innenstadt getrieben. Mutige Teilnehmer*innen können an diesem Lauf teilnehmen und dürfen dabei weder stehenbleiben noch rückwärts ausweichen. Die Stierläufe sind sehr gefährlich: Jedes Jahr werden dabei Menschen verletzt oder getötet. Am Abend werden die Stiere in die Arena geschickt und dabei im Kampf durch die Matadore getötet.

Stierkampfarena von Pamplona

Besondere Bekanntheit erhielten die Stierläufe durch den Roman »Fiesta« von Ernest Hemmingway, der einige Zeit in Pamplona verbrachte.

Rechts: Ernest Hammingway

Natürlich sind die Stierläufe und Stierkämpfe sehr umstritten und Tierrechtsvereinigungen setzen sich heute dafür ein, diese zu verbieten. Dies wird jedoch schwer durchsetzbar sein, da die Stierkämpfe in Spanien eine Jahrhunderte alte Tradition besitzen.

Einer der berühmtesten und gefährlichsten Stiere wurde der Nachwelt erhalten

Auch wir hatten vor unserem Besuch in der Stierkampfarena die Meinung, dass Stierkämpfe nicht mehr zeitgemäß sind. Die Ausstellung in der Arena vermittelte uns jedoch ein Bild, dass uns zeigt, dass es hier nicht nur um die brutale Tötung von Tieren geht. Nur wenige Tiere entsprechen den Auswahlkriterien, um später als Kampfstiere eingesetzt zu werden. Sie werden gehegt und gepflegt und landen nicht – wie die meisten ihrer Artgenossen – nach kurzer Aufzucht im Schlachthof, sondern nach einem Leben auf offenen Weideland, in der Arena.

Während einer Wanderung auf dem Jakobsweg sahen wir diese beiden Stiere, die ihre Kräfte maßen

Hier geht es um einen Wettstreit zwischen Mensch und Tier und dieser wird nicht in jedem Fall vom Mensch gewonnen, sonst wäre es vermutlich auch eine langweilige Veranstaltung. Es erinnert etwas an die Gladiatorenkämpfe, die in den Arenen des römischen Reiches stattfanden.

Nach diesem Besuch haben wir mal wieder generell über die Tötung von Tieren nachgedacht und kommen zu unterschiedlichen Standpunkten. In unserer Diskussion spielte die Frage eine Rolle, was am Ende grausamer ist: die industrielle Aufzucht und Tötung von Millionen von Tieren oder dieses Kräftemessen zwischen Mensch und Tier. Außerdem fragen wir uns, weshalb dieser Kampf unbedingt mit dem Tod der Tiere enden muss.

Pamplona ist aus unserer Sicht im Übrigen eine besonders schöne Stadt, mit vielen lebhaften Gassen und kleinen Geschäften und Bars, die nicht vorrangig auf die Bedürfnisse von Touristen ausgerichtet sind und in denen man viele Einheimische trifft.

Gewöhnen müssen wir uns allerdings an die ausgedehnten Siesta-Zeiten: Zwischen 13:30 und 17:00 Uhr werden hier die Bürgersteige hochgeklappt und die bis vor kurzem noch so lebhaften Straßen sind plötzlich sehr menschenleer.

Geschlossene Geschäfte können auch interessant sein

Unter Pilgern und Geiern

01. bis 03. Oktober 2023

Nach der langen Zeit am Atlantik beschließen wir einen Abstecher in die Pyrenäen zu machen und über den Ibaneta-Pass nach Spanien weiter zu reisen. Unser nächstes Ziel ist Saint-Jean-Pied de Port. Dort treffen drei französische Jakobswege zusammen, die Pilger können sich hier auf den Camino Frances begeben und mit der Überquerung der Pyrenäen beginnen.

Wir waren gespannt auf diesen Ort, da wir mit der Idee liebäugeln, irgendwann ein Stück des Jakobswegs zu gehen. Bei der Ankunft sind wir sogleich von Pilgern umgeben. Erste Gespräche auf dem Campingplatz, mit Wanderern und Fahrradfahrern, die mit Zelt unterwegs sind. Beim Rundgang durch den Ort überall das Symbol der Jakobsmuschel: als Wegweiser auf Schildern und dem Straßenpflaster, als Hinweis für die unterschiedlichsten Übernachtungsmöglichkeiten und Ausrüstungsläden oder an Rucksäcken baumelnd.

Wir tauchen ein in die besondere Atmosphäre des Ortes, wundern uns über manches, wie beispielsweise Menschen mit Rollenkoffern vor dem örtlichen Pilgerbüro: Es gibt organisierte Reisen mit Gepäcktransport und Übernachtungen in besonderen Hotels oder Herbergen. Man trifft aber auch Menschen mit schweren Rucksäcken um die 20 Kilo. Schnell wird deutlich, dass es die typische Pilgerin/ den typischen Pilger nicht gibt. Am Abend nehmen wir an einer Messe teil, die sehr ergreifend ist, obwohl wir nicht viel verstehen. Hier hören wir zum ersten Mal die katalanische Sprache.

Während der Messe gibt es einen Segen für die Pilger

Am nächsten Tag winden wir uns mit dem Bus die Passstraße hoch, 800 Meter auf 25 Kilometer, besuchen das Kloster Roncesvalles und gehen von dort aus unser erstes Stück Jakobsweg durch Wiesen, Wälder und kleine Orte. An diesem Tag treffen wir immer wieder eine Reisegruppe, die mit dem Bus unterwegs ist und anscheinend nur kleine Strecken ohne Gepäck zurücklegt: alle tragen an einer Kordel die Jakobsmuschel um den Hals, das allgegenwärtige Erkennungszeichen des Jakobwegs. Auch in den folgenden Tagen kreuzen wir immer wieder den Weg und sehen viele Pilger. Mal sehen, wann wir starten …

Das Kloster Roncesvalles unterhalb des Passes

Die Schlucht von Lumbier

Die Landschaft der Pyrenäen begeistert uns zunehmend und wir beschließen noch für einige Tage in der Region Navarra zu bleiben und steuern die Schlucht von Lumbier an. Die Schlucht kann auch mit dem Fahrrad befahren werden, da der Weg mit geringer Steigung auf einer alten Bahntrasse verläuft.

Unterwegs passiert man einige längere Tunnel, die in den Fels geschlagen wurden. Hier benötigt man eine gute Fahrradbeleuchtung oder eine Taschenlampe. Schon die hohen zerklüfteten Wände der Schlucht sind sehenswert, was uns jedoch den Atem verschlägt, sind die vielen Gänsegeier, die über unseren Köpfen ihre Runden drehen. Ihre Rufe werden von den Wänden der Schlucht reflektiert. Manchmal steuern sie eine der unzähligen Felsnischen an, um dort eine Rast einzulegen. Es sieht einfach majestätisch aus, wie sich die riesigen Vögel ohne einen Flügelschlag von der Thermik tragen lassen und nach Beute Ausschau halten, die sie mit ihren guten Augen noch aus drei Kilometern Entfernung entdecken können.

Allerdings finden die Aasfresser immer schwieriger Nahrung, da die Bauern tote Schafe heutzutage nicht mehr auf den Wiesen liegenlassen dürfen. Wir fragen uns, ob die Population der Gänsegeier in dieser Schlucht so groß ist, weil die Vögel gefüttert werden? Leider finden wir keine Antwort auf diese Frage.

Auch der auf einem Felsen gelegene Ort Lumbier ist sehenswert

Und dann entdeckten wir noch…

Überall am Wegrand Pyrenäen-Krokusse, die im Herbst blühen