Rigaer Bucht

12. bis 13. Mai

Unser Plan ist es, nach Westen zur Rigaer Bucht zu fahren und von dort aus entlang der Küste in Richtung Estland zu reisen. Wir steuern den Küstenort Tuja an, wo sich laut unserer Recherche ein geöffneter Campingplatz befinden soll. Bei der Ankunft stellt sich heraus, dass auch dieser offiziell noch geschlossen ist, wir aber gegen geringes Entgelt dort stehen können. Es gibt es eine offene Dusche, was uns zunächst natürlich nicht stört. Allerdings haben an diesem Wochenende auch viele Einheimische ihre Reiselust entdeckt und so befinden sich am Ende des Tages etwa 50 Personen auf dem Platz, was teilweise zu erheblichen Wartezeiten an der Dusche führt.

Keine Kunst, sondern Pollen am Strand

Insgesamt werden die Campingplätze inzwischen etwas voller und wir treffen auf allerlei verschiedene Menschen. Kleine Anekdote am Rande: In den vergangenen Wochen sind auch auf einige deutsche Camper gestoßen, deren erster Satz nach der Begrüßung lautete: »Eigentlich sind wir Freisteher. Wir sind nur hier, weil wir mal Wäsche waschen/Duschen/Wasser auffüllen wollen.« Viele scheinen den Besuch eines Campingplatzes fast als Makel zu verstehen. Wir haben auf unserer Reise erlebt, dass Einheimische mit viel Ideenreichtum, Engagement und Arbeit, paradiesische Plätze geschaffen haben. Mit dem Besuch eines Campingplatzes (wir wählen meist die kleinen individuellen) können wir der Region und den Menschen etwas zurückgeben und dabei gleichzeitig der Umwelt etwas Gutes tun, da Müll-, Abwasser- und Fäkalienentsorgung etc. umweltschonend organisiert sind.

Doch nun zurück zur Rigaer Bucht

Als wir am Tag unserer Ankunft den Versuch unternahmen, den Küstenstreifen mit dem Fahrrad zu erkunden, war dies die erste enttäuschende Unternehmung unserer Reise. Obwohl die Strecke innerhalb eines ausgewiesenen Landschaftsschutzgebietes verlief, fuhren wir fast ausnahmslos an Privatgrundstücken vorbei. Überall Schilder, die den Durchgang zum Strand untersagten. Nur an einer Stelle gab es die Möglichkeit, das Meer zu erreichen. Irgendwann wurde selbst der Küstenweg als privat gekennzeichnet und eine Weiterfahrt war nicht möglich.

Da es fast windstill war und die Bucht durch vorgelagerte Inseln geschützt ist, dümpelte die Wasseroberfläche ganz lethargisch vor sich hin. Wegen des geringen Salzgehalts in der Bucht gibt es vermutlich nur wenige Meeresbewohner und deshalb auch nur wenige Küstenvögel.

Unser Fazit: Es gibt spannendere Küsten.

Aber die Sonnenuntergänge waren fantastisch.

Ist das noch Urlaub…?

10. bis 11. Mai 2023

Vor einigen Tagen hat uns eine Freundin gefragt: »Ist das noch Urlaub oder fühlt sich das anders an?« Eine Frage, die uns seither immer mal wieder durch den Kopf ging. Tatsächlich fühlt es sich nicht so ganz nach Urlaub an. Wenn man von unseren Aktivitäten ausgeht, sind wir tatsächlich noch im Urlaubsmodus. Es gibt noch relativ wenige Ruhepausen. Wir agieren noch so, als ob wir die üblichen zwei bis drei Wochen Urlaub zur Verfügung hätten.

Unterschiede stellen wir im Kontakt mit der Familie und mit Freunden fest, denn wir werden uns vermutlich lange Zeit nicht sehen. Manchmal sorgen wir uns und fragen uns, ob zu Hause in Deutschland alles ohne uns funktioniert. Und teils fällt es uns schwer, nicht so stark an Ereignissen, die die Familie und auch Freunde betreffen, Anteil nehmen zu können.

Ein Unterschied zum »normalen« Urlaub besteht auch in der Organisation des Alltags. Im Urlaub wird die dreckige Wäsche halt eingepackt und nach der Rückkehr zu Hause gewaschen. In unserem Reisealltag müssen solche Haushaltsaufgaben vor Ort geplant und organisiert werden. Mehr Zeit beanspruchen auch die Planung der nächsten Reiseziele, Suche nach Campingplätzen und Einkaufsmöglichkeiten.

Aber um zur Ausgangsfrage zurückzukehren: Vermutlich wird sich die Art, wie wir reisen, in den kommenden Wochen und Monaten noch verändern und das Urlaubsgefühl könnte allmählich weichen.

Doch nun zu den Aktivitäten der vergangen Tage.

Rote Felsen am Altarm der Gauja

Wir befinden uns nach wie vor im Gauja Naturschutzgebiet, haben jedoch den Ort gewechselt und stehen jetzt für drei Tage an einem wunderschönen kleinen See, der sich im Zentrum des Parks befindet.

Allerdings verlaufen die Touren auch hier zu zwei Dritteln auf Sand-, Kies- und Waldwegen. Die Fahrräder müssen also oft geschoben werden und unsere Durchschnittsgeschwindigkeit von 9 km/h auf Sandwegen ist manchmal frustrierend.

Am 11. Mai haben wir uns ein ganz besonderes Spezial gegönnt: Eine Kajaktour auf dem Fluss Gauja, der malerisch und ohne jegliche Eingriffe von Menschen, durch den Park mäandert.

Vom Besitzer des Campingplatzes wurden wir mit Schwimmwesten und einem wasserdichten Sack (der war wirklich notwendig) ausgestattet und mit dem Boot auf einem Anhänger zur Einstiegsstelle gebracht. Einige Stunden später würde er uns an einer im Frühjahr zerstörten kleinen Holzfähre wieder abholen.

Das Wetter war traumhaft: Sonnig, aber nicht zu heiß, weil sich ab und zu eine Wolke vor die Sonne schob. Das wunderbare Szenario dieser Fahrt lässt sich kaum beschreiben, da sagen die Bilder vermutlich mehr.

Nach etwa zwei Drittel der Strecke gerieten wir in Stromschnellen, die normalerweise nicht so stark sind. Aktuell führt der Fluss jedoch viel Wasser und eine Welle schwappte ins Boot und machte uns ordentlich nass. Eine weitere Herausforderung war der Endpunkt unserer Fahrt, weil die Fließgeschwindigkeit des Flusses recht hoch war, schafften wir es nur mit Mühe an der vereinbarten Stelle zu stoppen und das Boot an Land zu ziehen.

Aber gerade wegen dieser Schwierigkeiten wird diese Kajak-Tour zu einem unvergesslichen Erlebnis werden.

Da wir gerade kein WLAN zur Verfügung haben, können wir keinen Film dieser Tour einstellen. Vielleicht gibt es in einigen Tagen noch einen Nachtrag.

In lettischen Nationalparks

06. bis 08. Mai

Am Morgen des 6. Mai brachen wir bereits um 5:30 Uhr auf, um noch die Stadt zu verlassen, bevor die Straßen für den Stadt-Marathon gesperrt würden. Und wir waren keineswegs zu früh: Auf der Straße, die zu unserem Stellplatz führte, wurden bereits die ersten Vorbereitungen für den Lauf getroffen.

Wir fuhren in den Kemeru Nationalpark, der etwa 30 km westlich von Riga liegt. Nach einem kurzen, improvisierten Frühstück wanderten wir bei Sonnenaufgang über einen Bohlenweg durchs Moor und waren zu dieser Tageszeit die einzigen Besucher in dieser einzigartigen Landschaft. Das Moor hat seine Bezeichnung in diesem Gebiet tatsächlich verdient. Wenn man den Bohlenpfad an irgendeiner Stelle verlässt, würde man sofort im Moor feststecken.

Am Nachmittag machten wir uns an der Ostseeküste von Jurmala auf die Suche nach einem Stellplatz. Vergeblich: Zwei Plätze sahen sehr verfallen aus und waren dauerhaft geschlossen und auch beim dritten Versuch hatten wir kein Glück. Was nun? Freistehen ist in dieser Gegend kaum möglich. Wir waren müde und hungrig von unseren Touren durch den Nationalpark und wollten uns bei einer Rast in einem Restaurant eine Alternative überlegen.

Wir entschieden uns eine weitere Strecke in Richtung Osten zu fahren, um den Ort Sigulda anzusteuern, der am Rand des Gauja Nationalparks liegt. Dort legten wir wieder einen dringend notwendigen Haushaltstag ein.

Am Nachmittags erkundeten wir mit den Fahrrädern das tief eingeschnittene Tal des Flusses Gauja. Eine sehr anstrengende Tour, da 240 Höhenmeter zu bewältigen waren und der sogenannte »Fahrradweg« oft an steilen Treppen und in unwegsamen Gelände endete.

Stellplatzromantik

Heißluftballons über dem Stellplatz

Lettlands Hauptstadt Riga + kurzes Zwischenfazit

03. und 04. Mai 2023

Wir haben die Grenze von Lettland überquert und Riga erreicht. Zwei Tage verbrachen wir damit, die lettische Hauptstadt zu erkunden. Wir schlenderten durch die Altstadt, entdecken die Markthallen (mehrere ehemalige Zeppelinhallen) und erkunden mit den Fahrrädern die angrenzenden Wohngebiete mit ihren schönen Holzhäusern und der imposanten Jugendstil Architektur.

Die Stadt wird durch den breiten Strom Daugava getrennt. In der Mitte befindet sich eine Insel, auf der sich sehr zentral unser Stellplatz befindet.

Obwohl die Sonne den ganzen Tag strahlend scheint, ist es ist weiterhin bitterkalt und es weht ein eisiger Wind.

Unsere Abreise aus Riga ist komplizierter als geplant. Wegen eines Stadtmarathons ist der gesamte Innenstadtbereich – dazu gehört auch die besagte Insel – ganztägig gesperrt. Wir müssen daher sehr früh aufstehen und abfahren oder einen weiteren Tag hier verbringen. Wir entscheiden uns für die erste Variante.

Doch nun zum angekündigten kurzen Zwischenfazit

Wir sind jetzt vier Wochen unterwegs, haben drei Ländergrenzen überquert und dabei 2500 km mit unserem Bus und über 400 km mit dem Fahrrad zurückgelegt.

Häufig waren wir auf Nebenstrecken unterwegs und benötigten dabei ca. zwei Stunden für 100 km.

Uns wurde bewusst, dass der April nicht die optimale Reisezeit für Polen und das Baltikum ist. Die Temperaturen sind noch sehr niedrig. Touristische Infrastruktur ist deshalb kaum vorhanden: Sehr viele Stellplätze und gastronomische Betriebe sind noch geschlossen. Ein Vorteil dieser Reisezeit war aber, dass viele Campingplatzbesitzer Zeit für uns, für Tipps und für interessante Gespräche hatten und wir so vieles über Land und Leute erfahren haben.

Eine für uns spannende Frage kann jetzt beantwortet werden: Der angepeilte Tagesetat für die Lebenshaltungskosten von 75,- € wird vermutlich ausreichen.

In Polen und den baltischen Ländern lagen wir sogar etwa 25 % unter unserem selbstgewählten Tagessatz. Dass die Lebenshaltungskosten bislang so gering ausfielen, liegt auch daran, dass wir meist selbst gekocht haben. In vielen Gebieten waren Restaurants noch nicht geöffnet.

In den nordischen Ländern werden wir diesen Puffer vermutlich mit Leichtigkeit wieder aufbrauchen.

Wie verteilt sich unseren Reiseetat?

Rund 40 % haben wir für Stellplätze ausgegeben.

23 % entfallen auf Diesel und Parkgebühren.

Nur 10 % haben wir in Lebensmittelmärkten gelassen. (Allerdings hatten wir auch ein paar Vorräte dabei)

Der Rest verteilte sich auf Eintrittsgelder, Café- und Restaurantbesuche, Eintrittsgelder sowie Bus- und Bahntickets.

Zum Schluss möchten wir uns bei den vielen regelmäßigen Besuchern unseres Blogs bedanken. Wir hatten nicht damit gerechnet, dass Ihr/Sie uns so intensiv auf unserer Reise begleiten.

Google hat uns verraten, dass der Blog in den ersten vier Wochen bereits fast 500 Mal besucht wurde. Das ist natürlich ein Ansporn für weitere Berichte.