Zwischen kaltem Krieg, heidnischen Bräuchen, Religion und heiler Natur

02. bis 04. Mai 2023

In den vergangenen Tagen ist es immer kälter geworden und diese Kälte macht uns zu schaffen. Wir haben alle wärmenden Kleidungsstücke angezogen, die wir mitgenommen haben, selbst Schal und Handschuhe, weil das Thermometer tagsüber nur 4 bis 8 Grad erreicht. In den Nächten gibt es teilweise noch Nachtfröste und wir benötigen alle Decken und dicke Socken, um möglichst wenig zu frieren. Die Dieselheizung wollen wir nicht die ganze Nacht durchlaufen lassen.


Von der Ostsee fahren wir ins Landesinnere. Unser Ziel: der Zemaitija National Park. Im Hauptort Platelial suchen wir die Touristeninformation auf, um uns nach einem Stellplatz zu erkundigen. Im Büro knistert ein Kaminfeuer und eine freundliche Parkrangerin zeigt uns auf einer Landkarte mögliche Stellplätze. Auf die Frage, ob es auch Toiletten gibt, meint sie nur trocken, dass wir doch in den Wald gehen sollen.


Cold war Museum

Abdeckung eines Raketenschachtes

Unser erstes Ziel ist das Cold War Museum. Tief im Wald versteckt errichtete das russische Militär eine geheime Abschussanlage für atomare Mittelstrecken-Raketen mit den Zielen Deutschland und Nordeuropa. An der Oberfläche sind nur vier Betondeckel sichtbar, welche die 30 Meter tiefen Schächte verschließen. Die gesamte Anlage mit allen technischen Einrichtungen befindet sich unter der Erde. Russland investiert im kalten Krieg 50 % seines Bruttoinlandsprodukts in die Rüstung. Die Kosten für den Bau dieser Anlage hätten ausgereicht, um eine Kleinstadt zu errichten. Vor 15 Monaten hätte man bei einem Besuch der Anlage gedacht: »Gut, dass dieser Wahnsinn beendet wurde.« Nun findet der reale Krieg in unmittelbarer Nähe mit unfassbarer Brutalität statt.

Russisches Schulungsplakat: Wie man sich im Falle eines Atomangriffs wirkunsvoll schützt


Der krasse Kontrast zu dieser Abschussbasis für Atomraketen, die in der Lage gewesen wäre, große Teile Europas in Schutt und Asche zu legen, ist die Natur, die diese Anlage umgibt. Zu Sowjetzeiten streng bewacht, ist dieses Gebiet heute Naturschutzgebiet.

Maskenmuseum


Am nächsten Morgen regnet es und wir besuchen in Platelial ein Museum für Faschingsmasken. Wie bei der alemannischen Fasnacht versucht man mit diesen schaurig schönen Masken den Winter zu vertreiben. Wir sind beeindruckt, in welcher Vielfalt und Kunstfertigkeit diese Masken bis in die heutige Zeit hergestellt werden.

Der Berg der Kreuze


Wir verlassen den Nationalpark in Richtung Lettland und wollen auf dem Weg noch einen Ort besuchen, den man bei einer Reise durch Litauen nicht verpassen sollte: der Berg der Kreuze. An diesem Wallfahrtsort, werden seit 1830, dem Novemberaufstand gegen die russische Obrigkeit, Kreuze aufgestellt, um den Getöteten zu gedenken. Heute nutzen die Besucher den Ort meist, um einen Wunsch oder einen Dank auszusprechen. Im Laufe der Jahre ist ein Wald aus hunderttausenden von Kreuzen gewachsen. Viele wurden sehr individuell gestaltet. Größere Kreuze wurden mit Rosenkränzen und kleineren Kruzifixen behängt. Ältere Kreuze zerfallen und neue kommen hinzu und der Kreuzwald breitet sich immer weiter aus. Egal welcher oder ob man einer Religionsgemeinschaft angehört, dieser Ort ist sehr mystisch und beeindruckend.

Zum Schluss: Stellplatzromantik

Endlich Ostsee!

30.April bis 2. Mai 2023

Auch wenn die Fahrzeit deutlich länger ist, wählen wir die landschaftlich schönere Strecke entlang der Memel, um an die Ostseeküste zu gelangen. Kathrin schlägt vor, dass wir einen Abstecher ins Flussdelta der Memel machen sollten. Allerdings kommen wir nicht wie erhofft ans Wasser, sondern landen auf einer 10 Kilometer langen Schotterpiste durch ein Waldgebiet, welches Google Maps als einzige Verbindung zu unserm Ziel vorschlägt. Tatsächlich benutzen erstaunlich viele Fahrzeuge diesen Weg. Ordentlich durchschüttelt erreichen wir einen Jachthafen vor der Kurischen Nehrung, wo wir unser heutiges Nachtlager aufschlagen wollen. Jachthäfen sind unsere Lieblingsstellplätze. Dort gibt es meist einen wunderbaren Blick auf die Schiffe und das Meer und immer sanitäre Anlagen. In diesem Fall war der Ort jedoch nicht zu empfehlen und wir mussten schnell die Flucht ergreifen, weil bei jedem Schritt durch das Gras hunderte von Stechmücken aufflogen. In kürzester Zeit war unsere Kleidung und der Bus voller Mücken.

Also fuhren wir weiter und fanden etwas nördlich von Klaipeda einen offenen Campinglatz der nur drei Minuten Fußweg von der Ostsee-Steilküste entfernt liegt. Auch hier waren wir zunächst die einzigen Gäste.

In der Nähe des Campingplatzes haben wir eine Ferienanlage entdeckt, die aussieht wie ein »Lost Place«, aber keiner ist. Die Anlage wird aktuell immer noch für Kinder Ferienfreizeiten genutzt. Die Gebäude erinnerten uns stark an die Freizeiteinrichtungen der DDR, die wir kurz nach der Wende an der Ostsee gesehen hatten.

Tagesablauf im Ferienlager

Am 1. Mai fuhren durch die Wälder nach Klaipeda. Weil der Weg sehr gut ausgebaut ist, hatten wir die 14 Kilometer bis zur Innenstadt schnell bewältigt. Im Süden ist Klaipeda geprägt von großen Industrieanlagen. Im Innenstadtbereich befindet sich ein überschaubarer Altstadtbereich und jede kilometerlange Kaianlagen zur Abfertigung großer Personenfähren oder von Frachtschiffen.

Am Tag darauf fuhren wir mit den Fahrrädern nach Palanga, ein mondänes Seebad mit breitem Sandstrand. Hier findet man eine Mischung aus alter Bäderarchitektur, Disneyland und Ferienarchitektur für Neureiche.

Der Fahrradweg entlang der Küste ist wieder sehr gut ausgebaut und führt durch ein Naturschutzgebiet. Wir sehen eine Kormoran-Siedlung, hören und sehen einen Raben und Wölfe. Letztere befinden sich allerdings in einem Gehege eines privaten »Wolfssammlers«.

Schlafbäume der Kormorane

Litauen: Entlang der Memel

27. bis 29. April 2023

Wir haben Polen in Richtungen Litauen verlassen. Vom Nationalpark Wigry zur Grenze sind es nur weniger als 50 km. Unser erstes Ziel ist die Stadt Kaunas, die mit rund 300.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Litauens ist. Dort wollen wir ein bis zwei Tage verbringen, was sich jedoch schwieriger gestaltetet als gedacht. Ein Stellplatz soll laut Website des Betreibers ganzjährig geöffnet sein, wir stehen jedoch bei der Ankunft vor einem verschlossenem Tor. Was vielleicht auch besser so ist, weil sich dieser Ort zwischen zwei Hauptverkehrsstraßen in einem Gewerbegebiet befindet. Auch die Anrufe bei zwei weiteren Stellplatzbetreibern erreichen nur die Mailbox. Also steuern wir einen öffentlichen Parkplatz in der Innenstadt an, um die Stadt von dort aus zu erkunden und dort ggf. auch zu nächtigen.

Die Altstadt von Kaunas ist übersichtlich und in etwa zwei Stunden zu erkunden. Die historischen Gebäude mit ihren Balkonen wirken fast etwas südländisch. Wäre es etwas wärmer, könnte man hier sicherlich einen schönen Abend in einem der vielen Restaurants und Cafés verbringen. Auf den Plätzen gibt es vielfältige Außengastronomie, die wegen der kühlen Temperaturen jedoch nicht geöffnet ist.

Wir entschließen uns weiterzufahren und einen Campingplatz am Ufer der Memel zu suchen. Doch zuvor müssen wir den Feierabendverkehr in Kaunas überstehen. Nicht nur die Architektur, auch der Fahrstil der Einwohner*innen mutet südländisch an: Ständige Spurwechsel ohne vorherige Ankündigung oder andere abrupte Fahrmanöver scheinen hier völlig normal zu sein.

Wir finden einen Campingplatz gut 70 km westlich von Kaunas. Dort sind wir überraschenderweise, diesmal nicht alleine. Ein Wohnwagen aus der Schweiz steht bereits auf dem parkähnlichen Platz.

Kaliningrad

Etwas weiter westlich wird die Memel zum Grenzfluss zwischen Litauen und der russischen Exklave Kaliningrad. Die Einrichtung dieser Exklave war das Zugeständnis an Russland, um den baltischen Staaten ihre Unabhängigkeit zu ermöglichen. Dieser russische Oblast ist ein wichtiger militärischer Stützpunkt und ermöglicht Russland einen eisfreien Zugang zur Ostsee. In Kaliningrad ist auch die größte russische Fangflotte beheimatet. Aktuell leben rund eine Million Menschen in dem Gebiet.

An unserem Campingplatz in Siline führt ein gut ausgebauter Fahrradweg die Memel entlang. In östlicher Richtung erreicht man in die Orte Pilis und Raudone mit ihren Schlössern.

Geprägt wird die Gegend von kleinen landwirtschaftlichen Gehöften, die auf uns einen sehr pittoresken Eindruck machen, gleichzeitig jedoch spüren lassen, dass das Einkommen in diesem Gebiet vermutlich relativ niedrig ist. Zu unserem Erstaunen sind die Lebensmittelpreise deutlich höher als in Deutschland.

Am nächsten Tag steuern wir mit den Fahrrädern in westlicher Richtung den Ort Jurbarkas an. Er strahlt den herben Charm von zum Teil unsanierter Sowjet-Architektur aus und bietet für Reisende nur wenige Highlights.

Letzte Tage in Polen

24. bis 26. April 2023

Stellplatz vor dem Kloster Wigry

Die letzten Tage in Polen verbringen wir im Nationalpark Wigry. Originalton Jörg: »Dafür hat sich die Reise schon gelohnt.«

Das besondere ist der Campingplatz, der gegenüber des Klosters Wigry, einem ehemaligen Eremitenkloster, liegt. In diesem hat übrigens Papst Paul II genächtigt; die Räumlichkeiten samt seinem Koffer können wir bei der Besichtigung des Klosters sehen.

Auch an diesem Ort sind wir noch die einzigen Gäste. Der Bus steht auf einer Anhöhen inmitten einer Streuobstwiese. Von hieraus haben wir einen fantastischen Blick auf den See und die imposante Klosteranlage.

Vom Kloster klingt um 21 Uhr und 7 Uhr Trompetenmusik zu uns herüber, zum Ende bzw. zum Beginn des Tages.

Wir genießen nochmal in vollen Zügen die Natur, Vogelgezwitscher von früh bis spät, Radtouren zwischen Wiesen, Feldern, durch den ergrünenden Wald entlang des Ufers des Wigrysees. Nachts Blicke in den Sternenhimmel, da es kaum künstliches Licht gibt.

Am Nachmittag, des 25. Aprils stieg die Temperatur auf 23 Grad und es wurde sehr schwül. Dunkle Gewitterwolken zogen auf und in der Ferne war Donner zu hören. Am Abend und in der Nacht regnete es stark und es gab einen gewaltigen Temperatursturz. Als wir aufwachten, betrug die Außentemperatur nur noch 2 Grad und stieg auch am Tag nur auf etwa 7 Grad an. Wir waren froh, dass wir die Winterkleidung mitgenommen hatten, die wir jetzt gut gebrauchen können. Die Benutzung der Wasch- und Toilettenräume wird zum Erlebnis: Sie sind unbeheizt und aus den Hähnen kommt nur eiskaltes Wasser.

Auch nach 2 ½ Wochen bleibt uns die polnische Sprache fremd und wir können nur einige wenige Wörter. Wir haben kaum eine Vorstellung, was die geschriebenen Wörter, mit teils vielen Konsonanten hintereinander, bedeuten könnten, erst recht nicht, wie sie ausgesprochen werden. Auch gesprochen hört sich für uns polnisch sehr fremd an. Trotzdem hatten wir in der gesamten Zeit nie Verständigungsprobleme, selbst im kleinsten Dorfladen nicht. Dies liegt zum Teil daran, dass viele Menschen hier deutsch sprechen, teils so gut, dass auch längere Gespräche möglich sind.

Die an der Supermarktkasse auf polnische gestellte Frage nach der Biedronka-Kundenkarte konnten wir nach zwei Wochen endlich verstehen und korrekt mit »nie« beantworten.

Neues aus Masuren

22. und 23. April 2023

Kurz vor unserer Abfahrt haben wir noch einen Spontankauf getätigt: Einen kleinen zerlegbaren Grill. Denn, dass Thüringer ohne Grill auf reisen gehen, ist eigentlich undenkbar. Inzwischen sind die Temperaturen endlich so weit gestiegen, dass wir den »Skotti« auspacken und ausprobieren konnten. Thüringer Würstchen gab es zwar nicht, geschmeckt hat es jedoch trotzdem.

Hier am See hörten wir ein Geräusch, welches wir auch schon an anderen Gewässern bemerkt hatten. Es klingt, als ob jemand in den Hals einer Flasche blasen würde. Heute hat Kathrin recherchiert, was es mit diesen Tönen auf sich hat. Es ist der Balzruf einer Rohrdommel.

Gesehen haben wir hier schon jede Menge seltener oder ungewöhnlicher Vögel. Überall in den Dörfern befinden sich auf Strom- oder Lichtmasten große Storchennester. In den meisten sitzen brütende Storchenpaare. Auf den Feldern machen Kraniche auf ihrem Weg nach Norden Rast.

Auch ein Wiedehopf suchte ganz in der Nähe unseres Wagens nach Futter und ein Spatz kam auf der Suche nach Krümeln gleich ganz in den Bus.

Aktuell befinden wir uns auf einem Campingplatz in der Nähe von Elk. Der Grund, warum wir hier gelandet sind, ist ganz profan: Es ist einer der wenigen Plätze die hier bereits geöffnet haben. Das heißt, so ganz offen ist er noch nicht. Auch hier werden noch allerlei Vorbereitungen für den Saisonstart getroffen.

Google Maps verzeichnete als einzige Sehenswürdigkeit dieser Gegend einen »Lost Place«. Es handelt sich um das Areal einer ehemaligen Chemie-Fabrik, die tief im Wald versteckt liegt. Die bunkerartigen Lagergebäude lassen vermuten, dass hier explosives Material hergestellt wurde.

Banaler Alltag und große Geschichte

20. und 21. April 2023

Eine Langzeitreise ist nicht gleichzusetzen mit einem 14 tägigen Urlaub. Langzeitreisende sitzen nicht permanent mit einem Drink am Stand oder am Seeufer und schauen in den Sonnenuntergang. Manchmal tun sie das schon, aber eben nicht immer.

Auf Langzeitreisen entwickelt sich ein »normaler« Alltag. Die Wäsche muss gewaschen, Nahrungsmittel organisiert werden und es wird gekocht, da es zu teuer wäre, jeden Tag essen zu gehen. Dieser Reisealltag ist meist sehr viel komplizierter und aufwändiger als der heimische: Wo finde ich beispielsweise eine Waschmaschine und ist das Wetter geeignet um die Wäsche draußen zu trocknen?

Völlig nervig sind auch all diese unterschiedlichen Supermärkte. Jedes Mal eine neue Schnitzeljagd nach den Produkten, die in jedem Laden anderswo versteckt werden.

Aber wir wollen nicht jammern, dieser Alltag gehört zum Reisen dazu.

Im letzten Blogbeitrag hatten wir über eine Fahrradtour berichtet und auch jetzt haben wir nach Erledigung unserer Hausaufgaben wieder einen Ausflug per Rad gestartet. Am Ende waren wir und die Räder ziemlich am Ende. Radfahren in Masuren ist eine echte Herausforderung.

Gestern war Hitlers Geburtstag und deshalb sind wir extra einen Tag später zur »Wolfsschanze« gefahren, um dort nicht vielleicht irgendwelche Personen mit brauner Gesinnung zu treffen.

Die „Wolfsschanze,“ war ein Hauptquartier der Nationalsozialisten, welche eine riesige Bunkeranlage mit meterdicken Wänden, tief in den masurischen Wälder, versteckt. Hitler hat in diesem Führerhauptquartier einen großen Teil der Krieges verbracht und hier wurde das Bombenattentat von Graf von Stauffenberg auf ihn verübt, was uns nicht bewußt war. Nach Kriegsende wurde die gesamten Bunkeranlage gesprengt. Heute sieht man nur noch Reste von Betonbunkern mit meterdicken Wänden scheinbar durcheinander im Wald verteilt. Der eigentlich so düsterer Ort mit dem schrecklichen geschichtlichen Hintergrund, wirkte im hereinbrechenden Frühling seltsam leicht. Überall grünt und blüht es: Die Natur hat die Anlage langsam und beharrlich zurückerobert.

Masuren

17. bis 19. April 2023

Wir verlassen Warschau in Richtung Masuren. Unser Ziel ist der knapp 200 km entfernte südliche Teil des Seengebiets. Rund vier Stunden soll die Fahrt bis dorthin über Landstraßen und Nebenstrecken dauern. Am frühen Nachmittag erreichen wir einen Campingplatz, den wir am Abend zuvor über Google-Maps ausfindig gemacht hatten. Die letzte Wegstrecke ist etwas abenteuerlich, da der Platz nur über einen unbefestigten Waldweg erreichbar ist. Dort angekommen, stellen wir fest, dass der Campingplatz zwar geöffnet ist, sich jedoch kein Mensch dort befindet. An der Rezeption hängt lediglich eine Telefonnummer zur Kontaktaufnahme bei Anreise. Da der Duschraum noch verschlossen ist und es kein warmes Wasser gibt, entschließen wir uns einen größeren Campingplatz in etwa 20 km Entfernung anzusteuern. Dort treffen wir den Besitzer, der mit einigen Helfern versucht, den Platz für die neue Saison vorzubereiten. Aber auch hier können wir nicht bleiben, weil der lange und strenge Winter die Wasserleitung zerstört hat.

Auf dem Weg nach Masuren

Kathrin und ich beraten, was wir tun können. Die Zeit bis zum Saisonstart, der hier im Mai beginnt, können wir ohne Strom und Wasser nicht überbrücken. Nachts ist es immer noch sehr kalt und wir benötigen zum Betrieb der Heizung elektrische Energie. Wir entschließen uns in Mikolajki, einem touristischen Hauptort, nach einem Campingplatz zu suchen. Allerdings wollen wir nicht auf gut Glück dorthin fahren, sondern vorher anrufen. Beim zweiten Telefonat haben wir Glück. Wir sprechen mit der Tochter eines Campingplatzbesitzers; der Platz ist offiziell zwar noch nicht geöffnet, aber wir können vorbeikommen. Nach weiteren 1 ½ Stunden Fahrt erreichen wir CampingKamA, einen sehr schönen Ort direkt an einem See. Der Besitzer des Platzes schien zwar über die spontane Zusage seiner Tochter nicht so begeistert zu sein, weil extra für uns ein Waschraum in Betrieb genommen werden musste, zeigte sich aber überaus freundlich und hilfsbereit. Wir haben als einzige Gäste die freie Platzwahl und stellten uns natürlich direkt an den See.

CampingKamA

Am nächsten Morgen erfüllte sich Kathrins sehnlichster Wunsch: Wir können das erste Mal draußen in der Sonne frühstücken.

Der Besitzer des Campingplatzes hatte bemerkt, dass wir Fahrräder dabei haben und brachte uns eine detaillierte Fahrradkarte, die wir gut für die Ausflüge in die Region gebrauchen konnten.

Nach dem Frühstück starten wir nach Mikolajki. Auch hier beginnen erst nach und nach die Vorbereitungen für die Saison: In der vergangenen Woche soll es hier noch geschneit haben. Nun werden die Restaurants geputzt, Reparaturen durchgeführt und die Boote aus dem Winterschlaf geholt.

Insgesamt war unsere Fahrradtour durch ein kleines Naturschutzgebiet nicht sonderlich lang. Trotzdem waren wir nach dieser Fahrt ziemlich geschafft, da die Strecke meist über Sand- und Feldwege führte.

Am Abend erreicht uns wieder eine Regenfront. Es ist laut Wetterbericht jedoch die letzte in der nächsten Zeit. Ab morgen sagt der Wetterbericht schönes Wetter voraus.

Warschau

15. und 16. April 2023

Warschau Altstadt

Es gibt Tage, da häufen sich die Pannen. Am Abend vor unserer Abfahrt nach Warschau spielte plötzlich die Elektroheizung verrückt. Sie ging immer wieder spontan aus und wir mussten auf die Dieselheizung ausweichen. Dann ließ sich der Laptop, obwohl voll geladen, nicht starten. Auf der Fahrt nach Warschau bei Starkregen meldete sich eine gelbe Warnlampe, weil die Beleuchtung der Heckbox ausgefallen war. Und dann fiel auf einem Rastplatz beim Öffnen einer Schranktür ein Karton mit Eiern heraus und mehrere Eier zerschellten auf dem Teppich.

Ein Problem löste sich von selbst. Die Heizung geht jetzt wieder. Vermutlich waren Netzschwankungen die Ursache für die Abschaltvorgänge. Der Laptop lässt sich wieder starten, wenn gleich sehr unwillig: Es benötigt meist mehrerer Startversuche. Sollten die Blogbeiträge in den kommenden Tagen oder Wochen abrupt enden, dann hat er seinen Geist völlig aufgegeben.

Die Beleuchtung der Heckbox hatte nur einen Wackelkontakt und der Teppich wird gründlich gereinigt, wenn wir mal wieder schönes Wetter haben.

In Warschau stehen wir im »Garten« eines Motels. Ein sehr ruhiger Rasenplatz mit altem Baumbestand und tollen Sanitäreinrichtungen, den wir uns mit 3 anderen Wohnmobilen teilen. Allerdings bekommen wir deren Bewohnerinnen kaum zu Gesicht, da sie aufgrund der kühlen Witterung und der Größe ihrer Mobile noch weniger ihre Fahrzeuge verlassen als wir.

Bis zum Zentrum sind es 15 km, das jedoch Dank des guten und preisgünstigen ÖPNF schnell erreicht werden kann.

Die Alt- und die sogenannte Neustadt sind touristisches Pflichtprogramm. Daneben gibt es jedoch auch einige interessante Szeneviertel, deren Existenz sicherlich auch den rund 230.000 tausend Studierenden zu verdanken ist. Verglichen mit anderen Millionenstädten gibt es in Warschau jedoch vergleichsweise wenige kulturelle Highlights, wie beispielsweise bekannte Kunstmuseen, mit denen andere Metropolen punkten.

In Warschau habe ich auf einem sehr skurrilen geschlossenem Markt mit dem Camera Obscura Projekt begonnen, das während der gesamten Europareise weitergeführt werden soll.

Unser Bedarf an Städte-Sightseeing ist nun jedoch gedeckt. Morgen geht es nach Masuren in die Wälder und an die Seen.

Breslau

13. und 14. April 2023

Breslau Marktplatz

Wir steuern in strömenden Regen Breslau an. Von Norditalien bis Polen erstreckt sich derzeit ein breites Regenband, welches uns auch in den kommenden Tagen noch begleiten wird.

Mit rund 640.000 Einwohnern ist Breslau die viertgrößte Stadt Polens. Erstaunlicherweise gibt es in und um die polnischen Großstädte nur wenige Möglichkeiten zu campen. Wir haben einen Stellplatz (camp4u) angesteuert, der sich etwa 15 km außerhalb der Stadt befindet. Bei diesem Wetter benötigen wir einen Stromanschluss um zu heizen und eine warme Dusche. Zu Fuß kann man von dem Stellplatz, den wir fast für uns alleine haben, in etwa 15 Minuten eine Bahnstation erreichen, um ins Zentrum zu gelangen. Breslau im strömenden Regen macht nicht so wirklich Spaß und deshalb können wir uns nicht so richtig an den zahlreichen Highlights dieser Stadt erfreuen.

Breslau Markthalle

Für den folgenden Tag haben wir uns einen Besuch des Zoos vorgenommen. Der Breslauer Zoo soll – hinsichtlich der Anzahl der Tierarten – einer der größten der Welt sein. Wegen der vielen Tierhäuser ist er auch eine gute Schlechtwetter-Alternative.

Afrikarium-Ozenarium im Breslauer Zoo

Das Highlight des Zoos ist das Afrikarium-Ozenarium mit seinen riesigen Meerwasserbecken, die man zum Teil durch Glasröhren durchquert und so einmalige Einblicke in die Unterwasserwelt erhält.

Viele der älteren Gehege gehen sicherlich noch auf die Gründungszeit ab dem Jahr 1864 zurück. Diese Anlagen entsprechen nicht den heutigen Standards einer modernen Tierhaltung. Teilweise hat man Mitleid mit den Tieren, die in sehr beengten Gehegen leben müssen.

Der Zoo bietet somit ein Spannungsfeld zwischen moderner und sehr altertümlicher Zurschaustellung von Tieren.

Auf dem Rückweg zum Bahnhof haben wir noch einen Abstecher zu einigen der vielen Inseln gemacht, auf denen sich Teile der Altstadt befinden und die alle mit Brücken untereinander verbunden sind.

Breslau: Altstadtinseln

Von Görlitz nach Jelenia Gora

11. und 12. April 2023

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Pünktlich zum Frühstück begann es in Strömen zu regnen. Es ist sehr viel komplizierter und langwieriger den Bus bei Regen für die Abfahrt bereitzumachen. Man kann nichts nach draußen legen und alles muss in dem engen Raum des Busses gepackt werden.

In Görlitz überquert man eine Brücke über die Neiße und ist dann gleich in Polen. Auf den ersten Metern auf polnischen Staatsgebiet hatten wir fast einen Unfall. Das ABS System musste auf nasser Fahrbahn eingreifen und brachte den Bus gerade noch rechtzeitig zum Stehen.

Der Regen begleitete uns auf der Fahrt nach Jelenia Gora (Hirschberg). Wir fuhren auf Nebenstrecken, die oft einspurig waren. Die Fahrt war schön, dauerte jedoch sehr lange. Unsere Durchschnittsgeschwindigkeit betrug etwa 30 km/h. Zu oft werden auf diese entschleunigte Weise nicht reisen können.

Auf dem Weg

Jelenia Gora

Zwischen zwei Regenschauern besichtigten wir die sehenswerte Innenstadt von Jelenia Gora, um danach im Bus Chili zu kochen. Auch dies dauert bei Regen deutlich länger, weil die Zubereitung auf engstem Raum erfolgt.

Der nächste Morgen brachte eine Überraschung: Die Temperatur war auf minus zwei Grad gesunken und die Fahrräder waren von einer Reifschicht überzogen. Aber die Sonne schien.

So fuhren wir heute in den Nationalpark Riesengebirge, dessen schneebedeckte Gipfel wir schon gestern aus der Ferne sehen konnten. Von einem Wanderparkplatz ging es fast 500 Meter nach oben zu der Skihütte Szrenica, die auf etwa 1200 Metern liegt. Schon auf dem Weg nach oben trafen wir einen Ranger, der auf seinem Pickup Schneeketten aufgezogen hatte. Somit war klar was uns oben erwarten würde. Schnee und eine herrliche Fernsicht….