Meer, Moor, Museum

25. bis 28.05.2023

Unsere letzten Tage in Estland haben wir im Lahemaa Nationalpark verbracht. Der Park liegt eine knappe Autostunde von Tallinn entfernt und besitzt eine große landschaftliche Vielfalt. Es gibt dichte Wälder, Moore und wunderschöne Buchten am Meer.

Moor im Lahemaa Nationalpark
Wälder in unglaublichem Grün

Eine Besonderheit des Naturschutzgebiets sind die riesigen Findlinge, die in den Wäldern und an der Küste liegen. Die Größten besitzen einen Umfang von mehr als zwanzig Metern.

Riesiger Findling im Nationalpark Lahemaa

In der Nähe der Kleinstadt Loksa waren wir auf einem kleinen Campingplatz, der direkt am Meer liegt, wieder fast die einzigen Gäste. Schade eigentlich, denn die Sanitäranlagen und die Küche sind nagelneu und es gibt ein kleines Café. Jeden Tag backt die Inhaberin Berge von frischen Kuchen. Man fragt sich allerdings, wer diese ganzen Backwaren essen soll.

Kunstmuseum in Viinistu

Auf einer Fahrradtour haben wir in dem Ort Viinistu einen Stopp eingelegt und das Kunstmuseum des Sammlers Jaan Manitski besucht. Er war der Manager der Gruppe Abba und nachdem Estland unabhängig wurde, wurde er dort Außenminister. Durch seinen ersten Job muss er zu sehr viel Geld gekommen sein. Seine Kunstsammlung umfasst mittlerweile über 1000 Gemälde und Objekte, vorwiegend estnischer Künstler. In Viinistu hat er eine alte Fischfabrik zum Kunstmuseum umfunktioniert. Die Größe des Museums und die Qualität der Sammlung an diesem sehr abgelegenen Ort überrascht.

Passend zur Reise: 100 Suitcases von Marko Mäetamm und Kaido Ole

Unsere letzte Nacht in Estland verbringen wir auf einem Parkplatz am Jägala Wasserfall, unweit vom Fährhafen. Wir müssen früh raus, denn das Boarding endet um sechs Uhr Morgens. Bereits gegen 10 Uhr sollen wir Helsinki erreichen.

Jägala Wasserfall

Kleines Resümee

Nach sieben Wochen Reise geht unsere Zeit in Polen und den drei baltischen Ländern mit der Überfahrt nach Helsinki zu Ende. Wir haben so viel Zeit in und mit der Natur verbracht wie seit Jahren, vielleicht seit unserer Kindheit, nicht mehr.

Der Frühling ist mit uns gereist. Wir waren immer wieder von all dem Grün in den Wäldern und den Wiesen voller Löwenzahn und Schlüsselblumen, von Störchen, Kranichen und anderen besonderen Vögeln wie dem Bruchwasserläufer begeistert.
Wir haben unzählige Sonnenuntergänge und teils auch -aufgänge erlebt. Nun gehen wir auf Midsommer zu, viele Bäume blühen und duften, es wird bunter. Nachts wird es kaum noch dunkel: Eine neue Erfahrung für uns, von Helligkeit und Vögeln, wie dem Gartenrotschwanz, dem Kuckuck und dem Zilpzalp nachts ab drei geweckt zu werden.

Das Camera Obscura Projekt

Tallinn

25. bis 26. Mai 2023

Das Startbild dieses Blogbeitrags stammt von dem Maler Tiit Pääsuke. Es stammt aus dem Jahr 1974 und heißt, passend zu unserer Reise, »Camping in the woods by car«. Es hängt im Art Museum of Estonia (KuMu).

Das KuMu ist das größte und modernste Kunstmuseum der baltischen Staaten und wurde vom finnischen Architekten Pekka Vapaavuori entworfen.

Lange hat uns kein Kunstmuseum mehr so beeindruckt wie dieses. Das Besondere an den vielen Ausstellungsbereichen: Es werden fast ausschließlich estnische Künstler aller Stilepochen vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart präsentiert.

Normalerweise werden in den großen westeuropäischen Museen für moderne Kunst die allseits bekannten und berühmten Künstler ausgestellt, hier jedoch kannten wir keinen einzigen Namen und hatten dennoch den Eindruck, dass die ausgestellten Werke eine große künstlerische Qualität aufweisen.

Interessant war es für uns, die Unterschiede der künstlerischen Entwicklung zu entdecken: In der Sowjetzeit unterschied sich die Kunst natürlich deutlich von der westlichen. Als Estlands Kunst 1990/91 vollständig neue Wege gehen konnte, änderte sich das künstlerische Spektrum schlagartig.

Tallinn Altstadt und neue Wohngebiete

Tallinn Rathausplatz

Häufig liest man, dass Riga die schönste der baltischen Hauptstädte Städte sei. Das würden wir nach dem Besuch von Tallinn anzweifeln. Diese Stadt besitzt eine besondere Ausstrahlung. In der Innenstadt gibt es neben den üblichen Kitsch- und Souvenirläden, ein großes Angebot an hochwertigem Kunsthandwerk und eine ausgeprägte Kreativ-Szene.

Kreativ-Szene am Telliskivi

Tallinn ist nicht »übersaniert«, obgleich Wandlungsprozesse zu beobachten sind, die auch in anderen Metropolen stattfinden. In Hafennähe entstehen die schicken Wohnviertel der Reichen und der Hipster. Diese Gegenden wirken leblos, steril und besitzen längst nicht Charme der langsam gewachsenen Stadtteile.

Neue Wohnviertel am Hafen

Man sollte Tallinn also jetzt besuchen, denn überall sieht man große Baustellen und das Bild der Stadt wird sich schnell verändern.

Holzhäuser in der Innenstadt

Estland hat eine Gesamtbevölkerung von rund 1,3 Millionen, davon lebt rund ein Drittel in Tallinn und natürlich wohnen längst nicht alle in den schnuckeligen Altstadtvierteln. Um die Stadt herum erstreckt sich ein riesiger Gürtel aus Plattenbausiedlungen.

Was sonst nach passierte

Auf dem Campingplatz in Tallinn stand neben unserem Bus ein winziges Zelt und ein Moped.

Die Nacht war wieder einmal sehr kalt und deshalb haben wir unsere Zeltnachbarin, die gerade draußen ihren Kaffee zubereitete, in den geheizten Bus eingeladen. Eng, aber interessant und gemütlich. Sie kam aus Neuseeland und hatte ihr Moped im Container nach London geschickt. Für sechs Monate reist sie damit durch Europa. Respekt!

Geschichte und Geschichten überall

22. bis 23. Mai 2023

In den vergangenen Tagen unserer Reise sind die Ausflüge mit den Fahrrädern etwas zu kurz gekommen, aber nun wollen wir die Insel wieder mit Muskelkraft erkunden und steuern wir die Nordspitze von Hiiumaa an. Wie an vielen Stellen der Insel soll es dort einen imposanten Leuchtturm geben.

Auf dem Weg dorthin kommen wir an unzähligen militärischen Hinterlassenschaften vorbei: Bunkeranlagen, Beobachtungstürme und Geschützstellungen. Auch ein kleines Militärmuseum gibt es hier. Alle Anlagen sind frei zugänglich und wer möchte kann die Bunker betreten und auf die Türme hinaufklettern. Allerdings sind die Treppen, die dort hinaufführen, oft in einem sehr bedenklichen Zustand.

Die Anlagen wurden ab 1939 errichtet, als Estland einen militärischen Pakt mit Russland schloss und auch nach Kriegsende wurden die Anlagen von Russland und Estland während des kalten Krieges genutzt.

Der Tahkuna Leuchtturm auf der Nordspitze ist wirklich sehenswert. Die Einzelteile des Turms wurden wurden in Paris hergestellt und 1875 vor Ort zusammengesetzt. Leider war der Turm an diesem Tag geschlossen. Gerne hätten wir den Blick von dort oben genossen. Das Leuchtfeuer dieses Turms ist noch in 33 km Entfernung zu sehen.

Besonders berührt hat uns an diesem Ort ein Mahnmahl für jene Kinder, die während des Untergangs der Fähre Estonia ums Leben kamen.

Die Estonia sank zwischen der finnischen Insel Utö und Hiiumaa in der Nacht des 28. September 1994, nachdem sie in einem Sturm aus bislang nicht vollständig geklärten Gründen ihre Bugklappe verlor. Das Fahrzeugdeck lief voll Wasser und die Fähre sank binnen weniger Minuten. Von den fast 1000 Menschen an Bord, konnten nur 137 gerettet werden, darunter kein einziges Kind.

Zwar befand sich eine andere Fähre in der Nähe des Unglücksortes, aber wegen der 10 Meter hohen Wellen, war es schwierig die wenigen Menschen, die es geschafft hatten das Schiff zu verlassen, aus der kalten See zu bergen.

Der Untergang der Estonia ist das schwerste Schiffsunglück, dass sich nach dem Zweiten Weltkrieg auf der Ostsee ereignet hat.

Auf unserer Rückfahrt kamen wir noch auf einer kleinen Version des Kreuzbergs vorbei, den wir ja in Litauen besucht hatten. Hier auf Hiiumaa werden die Kreuze seit 1781 aufgestellt, als etwa 1000 freie schwedische Bauern auf Befehl der der Zarin Katarina II, die Insel zu Beginn des Winters verlassen mussten und in der Ukraine angesiedelt wurden.

Heute soll es Glück bringen, an dieser Stelle ein Kreuz aus Naturmaterialien aufzustellen.

Nach unserer Rückkehr zu unserem Stellplatz wartete wieder die Sauna auf uns und was fast noch besser war, auch die Waschmaschine.

Auch am nächsten Tag stand wieder eine Radtour zur Besichtigungen von Leuchttürmen auf dem Programm.

Irgendwie haben hier alle Leuchttürme eine interessante Geschichte. Der Leuchturm von Kapo ist der drittälteste Leuchtturm der Welt. Mit dem Bau wurde auf Wunsch der Hanse im Jahre 1514 begonnen und die Fertigstellung erfolgte im Jahr 1531. Das Feuer, welches man auf dem pyramidenförmigen Bauwerk entfachte, war 26 Seemeilen weit sichtbar. 1649 wurde der Turm aufgesetzt, um die Sichtbarkeit des Leuchtfeuers noch zu erhöhen. Seither wurde der Turm baulich kaum verändert.

Der Leuchturm Kapo auf der Insel Hiiumaa

An unserem letzten Tag auf der Insel Hiiumaa kamen wir an einer Wollmanufaktur vorbei, in der auf uralten, musealen Maschinen die Wolle von den Inselschafen zu Garn und anschließend zu wunderschönen Pulvern, Jacken, Mützen etc. verarbeitet wird. Leider werden wir immer wieder vor dem Problem stehen, dass alle Schränke und Fächer im Bulli vollständig vollgestopft sind und wir von den schönen Sachen, die wir unterwegs finden, kaum etwas mitnehmen können. Aber für ein Paar Hüttenschuhe war noch Platz.

Die Wollmanufaktur HiiuVill

Was sonst noch geschah

Bei schönem Wetter haben wir zum ersten Mal in diesem Jahr in der Ostsee gebadet. Dannach haben wir auf Google die Wassertemperatur recherchiert: Es waren 8 bis 10 Grad. Hätten wir das vorher gewusst, wären wir vermutlich nicht hineingegangen.

Und dann blieb noch etwas Zeit für Aufnahmen mit der Camera Obscura am Strand.

Unterwegs auf Schotterpisten

19. bis 21. Mai

Wir befinden uns nach wie vor auf der Insel Saaremaa und bewegen uns in Richtung der Naturschutzgebiete, die sich im Westen und Norden der Insel befinden.

Unterwegs befahren wir mit unserem Bus eine lange Schotterpiste, die vor der kleinen Insel Kärisilma endet. Von der Hauptinsel führt Wanderweg auf diese Insel, der stellenweise durch Wasserläufe unterbrochen wird. Uns war jedoch nicht klar, dass die Wassertiefe an einigen Stellen Brusttiefe erreicht. Offiziell ist der Wanderweg derzeit gesperrt und so haben wir auf das Experiment verzichtet, zu Fuß Kärisilma zu erreichen.

Die kommenden zwei Tage werden wir an den idyllischen Campsites des Naturschutzgebietes übernachten. Es gibt dort Feuerstellen, Holzbänke und meist überraschend saubere Plumpsklos. Wasser ist hingegen nicht vorhanden. Wir waschen uns Geschirr daher im Meer und müssen mit einer Katzenwäsche auskommen. Zum Baden ist das Wasser zu flach.

Abwasch in der Ostsee

Nach unserem Erlebnis mit der Schotterpiste am Vormittag, unternehmen wir am Nachmittag einen Ausflug mit unseren nun völlig verstaubten Fahrrädern. Auch diese Fahrt führt uns viele Kilometer über Schotterpisten der üblen Sorte. Die Wege gleichen an einigen Stellen geschotterten Bahnstrecken und sind an manchen Stellen nicht mit unseren Rädern befahrbar. Ziemlich frustriert und erledigt beenden wir diese Tour, die überdies durch recht eintöniges Gelände führte, vorzeitig. Belohnt werden wir jedoch mit einem wunderbaren Stellplatz direkt am Meer.

Am nächsten Tag sind wir schlauer: Wir vermeiden diesmal sowohl mit dem Bus als auch mit den Fahrrädern Schotterpisten. Überraschenderweise ist die kleine Küstenstraße bis zum Ende asphaltiert, auf der wir die etwa 20 Meter hohen Kliffs von Panga erreichen. Bis zum Ende des kalten Kriegs wurden sie vom russischen Militär als Beobachtungsposten genutzt. In einer weiter östlich gelegenen Bucht finden wir uns einen neuen Stellplatz.

Selbstportät auf den Klippen von Panga
Wasser wie in der Südsee

Auf einer Fahrradtour am Nachmittag entdeckten wir dann den Hafen Triigi, wo die Fähre zur Insel Hiiumaa startet und finden in der Nähe einen noch viel schöneren Stellplatz.

Wir treffen spontan zwei Entschlüsse: Der Bus wird umgeparkt und am nächsten Morgen wollten wir die Fähre nach Hiiumaa nehmen. Einen Besuch dieser Insel hatten wir bislang nicht geplant.

Die Fähre nach Hiiumaa

Am Abend wurde es nervig, weil wir online die Fähren nach Hiiumaa und Helsinki buchen wollten. Wer schon einmal Onlinetickets für Flüge gebucht hat, weiß, was ihn erwartet. Der Prozess bricht kurz vor Ende ab, die Bezahlung funktioniert nicht, die gewünschte Verbindung ist ausgebucht und eine andere zu teuer… Man kann Stunden mit diesem Prozedere verbringen. Manchmal kann man diese digitale Welt verfluchen.

Auf die kleine Fähre nach Hiiumaa passen maximal 30 PKW

Am Morgen des 21. Mai hatten wir eine entspannte Fahrt mit der Fähre zur Nachbarinsel. Nur noch schnell tanken, ein Stellplatz mit Dusche suchen und dann einen ruhigen Tag einlegen. Der Fehler war das Tanken. Auf Hiiumaa gibt es nur ein paar tausend Einwohner, aber dennoch sind einige Tankstellen über die Insel verteilt. Eine Tankstelle besteht hier aus einem großen Benzintank, einer Zapfsäule und einem Kartenleser, der nur estnisch versteht. Dort steckt man seine Visakarte ein, sieht irgendwelche estnischen Anweisungen, die man nicht versteht, und die Zapfsäule wird freigegeben. Wir hatten für 30,- Euro getankt und es nicht hinbekommen, dem Automaten eine Quittung zu entlocken. Einige Kilometer später der Schock: Eine Push-Nachricht der Bank über einen Betrag von 200,- €. Ein Kontakt zur Bank brachte dann jedoch die Erlösung. Es war nur der tatsächliche Tankbetrag abgebucht worden.

Tankstelle auf Hiiumaa

Ab da wurde dann alles gut. Wir fanden einen einfachen aber guten Platz, wo wir von dem netten finnischen Betreiber mit vielen Informationen versorgt wurden und sogleich das Angebot erhielten am Abend die Sauna zu besuchen und dies ohne jeglichen Aufpreis!

Am Abend entdeckten wir einen kleinen Hafen, der wie die Kulisse aus einem Aki Kaurismäki Film aussieht. Es fehlt nur noch die Handlung und zwei bis drei Schauspieler, die während des Films nur wenige Sätze sprechen.

Impressionen unterwegs

Besonders kunstvoll gestaltetes Plumpsklo
Besonders gemütliches Bushäuschen

Reif für die Inseln

17. und 18. Mai 2023

Auf dem Weg zum Fährhafen Virtsu, von wo aus wir auf die Insel Muhu übersetzen wollen, haben wir die Straßen oft für viele Kilometer ganz für uns alleine. Kein Fahrzeug kommt uns entgegen und keines fährt hinter uns.

Es ist die erste Überfahrt mit einer Fähre für unseren Bulli und sie hätte gerne länger dauern können. Die Einheimischen suchen zielstrebig die Kantine des Schiffes auf und auch wir gönnen uns während der halbstündigen Überfahrt eine kleine Mahlzeit.

Muhu ist eine kleines, der großen Schwesterinsel Saaremaa vorgelagertes Eiland. Die beiden Inseln sind durch einen Damm miteinander verbunden. Wir wollen Muhu jedoch nicht nur als Transitinsel nutzen und fahren in ein altes Fischerdorf, welches mittlerweile ein bewohntes Freilichtmuseum ist, dass das Leben einer Gemeinde in früheren Zeiten zeigt.

Auf der Insel Saaremaa steuern wir einen kleinen Jachthafen an, wo wir übernachten möchten. Dort stürmt es so stark, dass wir den Bus nur für wenige Minuten verlassen können. Auch im Innern des Busses spüren wir den Sturm deutlich, weil das Fahrzeug immer wieder deutlich schwankt.

Auch wenn es nicht so aussieht: Der Sturm war heftig

Am nächsten Morgen hat sich der Sturm gelegt und die Sonne strahlt wieder. Aber es ist weiterhin sehr frisch und eine Wolke von Mücken schwirrt um den Bus. Daher entscheiden wir uns drinnen zu Frühstücken.

An diesem Tag wollen wir die Inselhauptstadt Kuressare und den südlichen Teil der Insel erkunden.

Auf dem Weg dorthin kommen wir an einem Meteoritenkrater vorbei, der rund 50 Meter Durchmesser hat und zehn Meter tief ist. Man nimmt an, dass der Meteorit 2 bis 8 Tonnen Gewicht hatte und vor mehr als 3000 Jahren einschlug.

Nach der Besichtigung von Kuressare, fahren wir immer dicht am Meer entlang zum Leuchtturm Sörve, der seit dem Mittelalter (zu dieser Zeit natürlich in anderer Bauform) am Ende der langgezogenen Südspitze den Seefahrern den Weg weist.

Auf dem Weg zu unserem nächsten Stellplatz fahren wir über Schotterpisten durch wunderschöne Naturschutzgebiete direkt am Meer entlang.

An den Straßen findet man immer wieder individuell gestaltete und eingerichtete Bushäuschen

Der Besitzer des Stellplatzes und seine Frau begrüßen uns sehr herzlich und meinen, dass dies die beste Zeit für eine Reise auf die Inseln sei, weil man die Insel und die Stellplätze fast für sich alleine hat.

Am Abend gehen wir am Meer entlang und finden eine ehemalige Funkstation, die vermutlich der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg diente. Die Deutschen hatten sich im Krieg für vier Jahre auf der Insel »eingenistet«.

Estland

14. bis 16. Mai

Wir verlassen Lettland in Richtung Estland, dem kleinsten und nördlichsten der baltischen Staaten. Estland ist etwas kleiner als Niedersachsen und es wird von rund 1,3 Millionen Einwohnern bevölkert.

Auf dem Weg zur Grenze geraten wir in einen langen Militärkonvoi. Wie Lettland, so grenzt auch Estland an Russland und wir nehmen auf unserer Reise durchs Baltikum eine deutliche Militärpräsenz wahr. Auch die Solidarität mit der Ukraine wird häufig sichtbar. An vielen Stellen weht die ukrainische Flagge.

Wie dünn Estland besiedelt ist, erleben wir direkt nach dem Grenzübergang. Lange Zeit fahren wir über eine schnurgerade Straße durch Wälder, ohne auf Siedlungen zu treffen.

Unser erstes Ziel ist das Naturschutzgebiet Soomaa. An der Verdopplung der Vokale in der Schriftsprache ist die kulturelle Nähe zu Finnland ablesbar.

Im Naturschutzgebiet Soomaa gibt es eine Reihe von Plätzen, wo man campen darf. Dort steht immer ein Plumpsklo und es gibt Zugang zu Wasser. Entweder einen Bach, bzw. Fluss oder Wasser aus dem Hahn.

Unser Waschzimmer

Soomaa ist ein riesiges Sumpf- und Moorgebiet. Noch jetzt stehen die Wälder unter Wasser und können nur über Bohlenpfade betreten werden. Nach der Schneeschmelze im Frühjahr steht das Gebiet teilweise so stark unter Wasser, dass man es nur mit dem Boot durchqueren kann.

Auch dieses Naturschutzgebiet ist wieder einzigartig. Wir sehen Biberbauten und eine reiche Flora und Fauna.

Das Highlight des Parks ist allerdings ein riesiges Hochmoor, welches sich ganz abrupt rund acht Meter aus dem Sumpfwald erhebt. Das mächtigste Hochmoor Europas, mit einem Erscheinungsbild wie aus dem Lehrbuch.

Nach dem Frühstück am nächsten Morgen besuchen wir ein weiteres Hochmoor, wo wir uns spontan zu einem Bad in einem der vielen Moortümpel entschließen. Lange halten wir es im karamellbraunen Wasser jedoch nicht aus, da es noch ziemlich kalt ist.

Unser nächstes Ziel sind die Inseln Muhu und Saanemaa. Bevor wir dorthin übersetzen, legen wir noch zwei Tage Ruhepause am See Ermistu ein. Dort müssen wir das erste Mal auf unser Reise unserer gesamtes Mückenschutzequipment einsetzen, um uns vor den Plagegeistern zu schützen. Die Bustür und die Fenster werden mit Mückenschutzgaze zugehängt und vor dem Bus kommen Autan und Anti-Mücken Duftstoffe zum Einsatz.