Genau vier Monate sind wir nun unterwegs. Unsere Route führte uns durch Polen, das Baltikum und die Länder Nordeuropas. Jetzt steuern wir für ein paar Tage Erfurt an, um dort einen Boxenstopp einzulegen. Am Bus und an den Fahrrädern müssen Wartungsarbeiten durchführt werden, wir wollen Vorräte auffüllen sowie der gesamten Ausrüstung etwas Pflege zukommen lassen. Und natürlich freuen wir uns, die Jungs, unsere Eltern und einige Freunde zu treffen.
Doch nun zum Bericht über die letzten Tage
Von Kopenhagen sind wir zunächst auf die Insel Falster gefahren und haben in der Stadt Stubbekøbing einen Campingplatz angesteuert, wie wir ihn lieben: ein alter Baumbestand, viel Ruhe und kein modernes »Glamping«. Wir waren überrascht, wie viele Fahrradfahrer hier übernachten. Der Grund hierfür liegt vermutlich darin, dass es in Stubbekøbing eine Fähre auf die Insel Møn gibt.
Für den folgenden Abend hatten wir die Fähre von Rødbyhaven zur Insel Fehman gebucht. Normalerweise ist die kurze Überfahrt verhältnismäßig teuer, wir hatten jedoch ein Last Minute Schnäppchen ergattert, mussten dafür jedoch Einschränkungen bei der Wahl der Abfahrtszeit in Kauf nehmen.
Uns blieb also noch der ganze Tag für die Inseln Falster und Lolland. Kathrin hatte die Erkältung schon überstanden, ich war jedoch noch ziemlich schlapp. Zunächst besuchten wir das charmante Städtchen Nykøbing, was an einem trüben Sonntag leider etwas ausgestorben war.
Masken von Thomas KadiziolaFußgängerzohne Nykøbing
Und auch das Fuglsang Kunstmuseum, dass auf unserer Strecke lag, wollte ich mir nicht entgehen lassen.
Fuglsang Kunstmuseum
Das Museum befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Herrenhaus Fuglsang, welches von einem großen Parkgelände mit einem beeindruckendem Baumbestand umgeben ist. Alleine dieser Park lohnt einen Besuch.
Herrenhaus FuglsangBäume im Park von Fuglsang
Das Museum Fuglsang beherbergt die Werke dänischer Künstler vom Ende des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Entworfen wurde das Gebäude von dem englischen Architekten Tony Fretton. Es wurde im Jahr 2008 realisiert und bietet helle Galerieräume in unterschiedlichen Größen.
Eine Besonderheit des Gebäudes sind die großen Fenster, die einen weiten Blick in die Natur ermöglichen.
Bei unserem Besuch wurde die Sonderausstellung Teknokroppen gezeigt. »Eine Ausstellung von acht zeitgenössischen Künstlern, die sich mit den Wirkungen neuer Technologien auf unseren Körper und unsere Beziehungen, Wahrnehmungen und unser Realitätsempfinden beschäftigen.« Zitat Ausstellungskatalog.
Eine unerwartete Ausstellung, die sicherlich nicht leicht zu rezipieren ist, jedoch sehr zum Nachdenken anregt, wenn man sich auf die ausgestellten Arbeiten einlässt.
Fähre nach Fehman
Mit der gewählten Fährverbindung hatten wir vermutlich großes Glück, denn die Überfahrt verlief noch sehr ruhig. Als wir uns gegen 10 Uhr Abends im Hafen von Burg einen Stellplatz suchten, kam Sturm auf, der im Verlauf der Nacht immer heftiger wurde.
Sturm kommt auf
Früh brachen wir am nächsten Morgen bei starkem Wind auf. In den Nachrichten hörten wir, dass einige Fähren den Betrieb einstellen mussten und auch die Fehmarnsundbrücke, die wir überqueren wollten, war bereits für LKW und Wohnwagen gesperrt. Der Wind blies kräftig im 90 Grad Winkel zur Fahrbahn und Kathrin musste kräftig gegenlenken, um den Bus auf Kurs zu halten.
Wir überlegten, ob wir nach Erfurt durchfahren sollten oder einen weiteren Stopp einlegen. Da es mir immer noch nicht gut ging, entschieden wir uns dafür, bei Lauenburg an der Elbe eine weitere Erholungspause einzulegen und erst am nächsten Tag weiterzufahren.
Übernachtungsstopp an der Elbe
Auf unserer gesamten Route hatten wir oft darauf verzichtet, Autobahnen zu benutzen und auch auf dem letzten Teilstück unserer Reise wählten wir eine Route, die überwiegend auf Landstraßen entlangführte. Diese Form des Reisens haben wir von unseren Freunden Almuth und Martin übernommen. Die Fahrzeit ist häufig nicht sehr viel länger, weil die Streckenführung häufig einige Kilometer spart und man kommt durch interessante Orte und Landschaften. Zudem erreicht man das Ziel meist sehr viel entspannter.
Erschrocken waren wir, als wir den Harz durchquerten. Wir wussten, dass der Wald dort stark beschädigt ist, dass dort mittlerweile fast der komplette Baumbestand abgestorben ist, hat uns sehr schockiert.
So sieht der Harz im Jahr 2023 aus
Dieses Bild führte uns deutlich vor Augen wie wichtig es ist, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen. Natürlich tragen wir durch unsere Reise auch zum Klimawandel bei. Wir werden auf unserer gesamten Europareise rund 6 Tonnen CO2 erzeugen. Das entspricht der CO2-Emission einer Flugreise (Hin- und Rückreise, 2 Personen) nach San Francisco. Die ersten elektrisch betriebenen Kleinbusse werden bereits produziert. Es wird jedoch noch einige Zeit dauern, bis elektrische oder wasserstoffbetriebene Reisemobile auf den Markt kommen.
Alte Bekannte
Am Anfang und am Ende unserer Ost- und Nordeuropatour trafen wir Störche.
Entlang der Küstenstraße immer mit Blick aufs Meer nähern wir uns langsam Kopenhagen und steuern schon am Vormittag den ersten Campingplatz an, von dem aus wir die Stadt mit dem Fahrrad gut erreichen können. Schon die Anfahrt gestaltet sich kompliziert, Straßensperrungen, Umleitungen, wir passieren mehrere Kontrollstellen. Am Ende stellt sich heraus, dass der Campingplatz auf einem Gelände liegt, an dem am Wochenende ein Oldtimer-Rennen stattfindet und der Platz für diese Veranstaltung bereits ausgebucht ist.
Schlamm gibt es nicht nur auf dem Wacken-Festival
Auf zum nächsten Platz: Beim Anblick dieses Platzes fühlen wir uns wie Besucher des Wacken-Festivals: Überall Schlamm und riesige Wasserpfützen und die Stellplätze sind mit Flatterband markiert. An der Rezeption erhalten wir die Auskunft, dass wir uns auf eigene Gefahr einen Platz suchen können. Die möglichen Bergungskosten, falls wir im Schlamm steckenbleiben, werden nicht übernommen. Wir entschließen uns aufgrund mangelnder Alternativen zu bleiben. Wie groß die Platznot ist, erfahren wir im Laufe der zwei Tage, die wir dort bleiben mehrfach. Einmal treffen wir bei der Rückkehr 2 Camper an, die sich mit ihrem Auto noch auf unseren Platz gequetscht haben, so nah, dass wir kaum mehr ins Auto kommen, geschweige denn draußen sitzen können. Ein anderes Mal versucht ein Mann abends um 23 Uhr mit seinem riesigen Wohnmobil in die enge Lücke zu fahren.
Einziger Pluspunkt des Platzes ist die Lage. Es gibt einen schönen Radweg in die Stadt und in der Nähe einen sehr schönen Strand, an dem wir einen Abend verbringen.
Und damit kommen wir zu einem schönen Detail dieses Stadtbesuchs: Kopenhagen ist für Radfahrer ein Paradies, wenn man ein einigermaßen geübter Radfahrer ist. Breite Fahrradwege, vorrangige Ampelschaltungen, alles gut und schnell erreichbar. Aber da sehr viele Radfahrer schnell unterwegs sind, muss man sehr konzentriert und diszipliniert fahren und jeden Stopp frühzeitig anzeigen.
Fahrradwege an der Universität: Das Fahrrad ist in dieser Stadt Hauptverkehrsmittel
Für uns beide ist es der erste Besuch in Kopenhagen, deshalb beginnen wir damit, die touristischen Highlights der Stadt zu Erkunden. Dazu gehört natürlich die Gegend um den Vergnügungspark Tivoli, der in diesen Tagen 180 Jahre alt wird, und die Altstadt bis zum Nyhavn, wo sich Restaurant an Restaurant reiht. Vermutlich einer jener Orte auf der Erde mit der höchsten Selfi-Rate.
RathausplatzUnser Stadtbesuch verlief nicht immer regenfreiNyhavenUnd das Schloss Rosenborg durfte natürlich auch nicht fehlen…
Vom Nyhavn ist es auch nicht weit zur Freistadt Christiania, die 1971 von der Hausbesetzerszene in einem alten Militärareal gegründet wurde. Zunächst geduldet und später durch Ankauf legalisiert, besitzt Christiania heute den Status einer autonomen Gemeinde.
Dieses Stadtgebiet steht ebenfalls ganz oben auf Liste der touristischen Highlights, vermittelt heute jedoch ein eher trauriges Bild. Die Pusher Street, wo an Ständen Marihuana und Haschisch verkauft werden, (andere Drogen vermutlich auch, jedoch nicht ganz so offensichtlich) befindet sich fest in den Händen von Drogen-Clans. Alle Versuche der Bewohner*innen, diese Clans aus ihrer Freistadt zu verbannen, sind bislang gescheitert.
Eigene MüllabfuhrAktien für den Erwerb von Christiania
Besonders gut hat uns das Wohnviertel Nørrebro gefallen. Hier gibt es viele kleine Läden und Restaurants und fast jede Straße könnte man sich als persönlichen Wohnort vorstellen. Es scheint dort ein funktionierendes Miteinander unterschiedlicher Kulturen zu geben.
Wohnstraßen in Nørrebro
Immer wieder stößt man in den Wohnvierteln auch auf imposante Backsteinarchitektur, die man in Reiseführern meist vergeblich suchen wird.
Und natürlich gibt es in Kopenhagen jede Menge tolle zeitgenössische Architektur. Schließlich wurde die Stadt von der UNESCO zur Welthauptstadt der Architektur 2023 ernannt. An prominenter Stelle am Fluss steht das Danish Architecture Center »Blox« und gleich daneben der »Black Diamond«, der die Bibliothek beherbergt.
Black Diamond: Die Verbindungzwischen alter und neuer BibliothekNeues Wohnen- und Arbeiten am HafenTolle Brücken
Gerne hätten wir uns noch mehr in dieser tollen Stadt angesehen, doch wir bekamen beide eine dicke Erkältung. Ein Stadtbesuch mit Hals- und Kopfschmerzen macht keinen Spaß. Wir entschieden uns daher, weiter in Richtung Süden zu fahren und uns auf einem abgelegenen und ruhigen Campingplatz auszukurieren.
Unsere letzte längere Urlaubsreise vor unserem großen Europa-Trip war gleichzeitig finale Testfahrt. Der Bus wurde mit fast allen Ausrüstungsgegenständen bepackt, die wir auch auf unserer Jahrestour mitnehmen würden.
Um das Gewicht zu prüfen, fuhren wir zunächst auf die Waage eines Schrottplatzes. Dort wurde es spannend: Würde die Zuladungsreserve für die große Reise ausreichen? Die Waage zeigte inklusive zwei Personen ein Gesamtgewicht von 3050 Kg. Bei einem zulässigen Gesamtgewicht von 3200 Kg bliebe also noch eine Reserve von150 kg. Diesen Puffer werden wir sicherlich durch zusätzliche persönliche Gegenstände aufbrauchen. Auch werden für die lange Reise noch ein Unterfahrschutz und AT-Reifen auf Stahlfelgen montiert, die sicherlich zusätzliches Gewicht auf die Waage bringen.
Insgesamt sollten wir mit der gemessenen Gewichtsreserve jedoch hinkommen: Eine bislang ungeklärte Frage war somit beantwortet.
Heckbox und Fahrradträger
Mehr Platz für zusätzliches Gepäck
Auf die Anhängerkupplung, welche bislang zum Fahrradtransport genutzt wurde, hatten wir eine selbstkonstruierte Gepäckbox montiert, in der das Vorzelt und zwei Fahrradtaschen transportiert werden. Unsere Fahrräder reisen nun auf einem Heckträger. Die Beladung wird dadurch leider etwas umständlicher, da die Fahrräder ziemlich weit nach oben gewuchtet werden müssen. Schwere E-Bikes würden wir nicht auf den Heckträger bekommen, obwohl er dieser durchaus dafür geeignet wäre.
Vermutlich wird das Vorzelt auf dieser Testfahrt/Urlaubsreise nicht benötigt: Es war in Europa schon viel zu lange trocken und auch für die nächste Zeit war kaum mit Regen zu rechnen. Es war aber wichtig, die Stabilität der Transportbox zu testen, um die Konstruktion ggf. nachbessern zu können.
Unser Fazit: Die Transportbox hat sich auf der fast 2500 Km langen Strecke gut bewährt.
Die Reiseroute
11. und 12. August 2022: Anreise nach Apenrade
Unseren ersten Stopp legten wir kurz hinter der deutschen Grenze in Apenrade ein. Danach wollten wir von der Ost- an die Nordsee fahren und in kleineren Etappen an der Küste entlangfahren.
Apenrade
13. August 2022: Über Ribe zur Nordsee
Ribe
Bei unserem nächsten Stopp, auf einem Campingplatz in Nähe von Esbjerg, kam gleich unsere Ersatzteilkiste zum Einsatz. Die Wasserpumpe war defekt und musste getauscht werden. Sie hatte lange gehalten und war bereits zwei Mal eingefroren, weil ich vergessen hatte im Herbst den Wassertank zu entleeren.
Wasserpumpen und auch Wasserhähne sind recht anfällig für Defekte und daher sollte man Ersatz für diese wichtigen Bauteile an Bord haben, denn es könnte sehr lästig und zeitaufwändig werden, im Ausland nach einem passenden Ersatz zu suchen.
RibeRibeAn der NordseeAn der Nordsee
14. und 15. August 2022: Von Esberg nach Houstrup
Esberg
Unsere nächste Etappe führte uns über Esberg zum Leuchtturm Blavandshuk Fyr, den man besteigen kann und der einen tollen Ausblick über die Dünenlandschaft bietet. Umgeben ist der Leuchtturm von vielen Bunkeranlagen. Überall entlang der Strände findet man diese Hinterlassenschaften aus dem zweiten Weltkrieg: Die Bunkeranlagen des Westwalls, die wie gestrandete Wale halb versunken auf dem Strand liegen.
Über den Holstland Kilit passierten wir den Ringköbing Fjord und konnten das erste Mal an den unglaublich breiten Stränden eine Rast einlegen, um ein Bad in der Nordsee zu nehmen. Mitte August wirkten die Strände fast menschenleer. Nur in der Nähe der Dünenübergänge waren Urlauber zu treffen.
Weg zum Strand
Den nächsten Übernachtungsstopp legten wir auf einem Campingplatz in Houstrup ein. Ein Platz, der nicht direkt an der Küste liegt und daher etwas günstiger ist. Die dänischen Campingplätze sind meist sehr gut ausgestattet, aber das Preisniveau ist recht hoch. Man sollte jedoch nicht versuchen frei zu campen, denn es ist in Dänemark verboten im öffentlichen Raum zu übernachten. Wer dabei erwischt wird, dem drohen hohe Strafen.
Da unser Camper über keine Nasszelle verfügt, bevorzugen wir generell die Übernachtung auf Stell- oder Campingplätzen. Insgesamt sehe ich es sehr kritisch, dass Camper immer häufiger auf Parkplätzen oder öffentlichen Plätzen übernachten. Der anfallende Müll wird in öffentlichen Mülleimern entsorgt: Bezahlen müssen dafür andere und im Umfeld solcher illegalen Stellplätze findet man häufig auch andere Hinterlassenschaften der Reisenden.
Campingplatz Houstrup
Um etwas Geld zu sparen und um unsere solare Stromversorgung zu testen, haben wir auf den Campingplätzen auf Landstrom – also den Anschluss an das Stromnetz verzichtet. Immerhin wird auf den dänischen Campingplätzen Strom im Durchschnitt mit umgerechnet 7,- € pro Tag berechnet. Auf unserer 18 tägigen Reise sind wir kannte uns das 110 Watt Solarmodul auf dem Dach des Busses ausreichend mit Strom versorgen.
Zum Betrieb eines zusätzlichen Kühlschranks haben wir an zwei Tagen zusätzlich ein mobiles 160 W Solarpanel genutzt, um den Akku des Power-Generators nachzuladen. Der Vorteil eines solchen mobilen Solarpanels besteht darin, dass der Bus im Schatten stehen kann und trotzdem Strom erzeugt werden kann. Leider kann das Panel nur dann genutzt werden, wenn man selbst vor Ort ist. Der Preis der mobilen Solaranlage ist zu hoch, um sie unbeaufsichtigt zu betreiben. Wir müssen noch eine Lösung finden, um das Panel gegen Diebstahl zu sichern.
Externe solare Stromversorgung betreibt die Kühlbox
16. August 2022: Von Houstrup nach Lemvig
Es geht weiter in Richtung Norden. Wieder legen wir einen Zwischenhalt an einem Leuchtturm ein. Er heißt Bovbjerg Fyr und hatte früher eine wichtige Bedeutung. Viele Schiffe sind früher vor dieser Steilküste gestrandet. Heute ist der Leuchtturm ein Touristenmagnet. Die Parkplätze sind überfüllt, obwohl Mitte August in Dänemark bereits keine Hauptreisezeit mehr ist. Da der Himmel bedeckt ist, verzichten wir auf die Besteigung des Turms und fahren weiter in Richtung Lemvig, wo wir beim Stand Campingplatz einchecken und einen schönen Platz mit Blick auf die Bucht Nissum Bredning erhalten. Hier wollen wir zwei Nächte verbringen.
17. August 2022: Mit Fahrrad und Kleinbahn
Für heute haben eine Fahrradtour nach Tyborøn geplant. Der Ort befindet sich am Ende einer Landspitze. Dort befindet sich auch die Durchfahrt zum Nissum Bedning Fjord, an dem unser Campingplatz liegt.
Zunächst schickt uns Google Maps über in schmalere Nebenstrecken und Feldwege. Irgendwann stehen wir auf einem Bauernhof, auf dem ein Durchfahrt verboten Schild steht. Wir müssen unsere Route ändern und verfahren uns dabei immer wieder. Die Laune sinkt stetig und wir sind kurz davor die Fahrt abzubrechen, denn es ist schon recht anstrengend, mit unseren Klappfahrrädern größere Strecken zu fahren. Irgendwann erreichen wir die Landzunge Harboøre Tange und fahren über einen kilometerweiten geraden Fahrradweg nach Tyborøn. In der Stadt befindet sich ein kleiner Fährhafen und ein Bunkermuseum, auf dessen Außengelände einige Überbleibsel des 2. Weltkriegs ausgestellt sind. Beeindruckend ist eine Kunstinstallation, welche die eindrucksvoll die Zahl der Opfer verdeutlicht, die bei den Angriffen auf Schiffe im Skagerrak ums Leben gekommen sind.
Wir sind froh, dass wir mit einer kleinen Privatbahn nach Lemvig zurückfahren können. Ein Einheimischer spendiert uns zwei Online-Tickets für unsere Fahrräder, die wir am Ticketautomaten nicht kaufen können.
18. August 2022: Vom Nationalpark Thy nach Hanstholm
Diesen Vormittag müssen wir wegen starker Regenfälle im Bus verbringen. Da wir den Campingplatz bis 12 Uhr verlassen müssen, nutzen wir eine kurze Regenpause, um zu packen und dann weiter in Richtung Norden aufzubrechen, wo gegen Abend wieder die Sonne zum Vorschein kommen soll. Nach einem Stopp im Nationalpark Thy, steuern wir die Hafenstadt Hanstholm an.
Wir besuchen den Fischerei- und Fahrhafen. Kathrin kollidiert beinahe mit einer Möwe, die im Sturzflug einen Fisch aus einem Transportbehälter gemopst hatte, der von einem Gabelstapler über das Hafengelände gefahren wurde.
Auch in Hanstholm gibt es wieder ein Bunkermuseum. Das Ausmaß der Anlage und der dort im Zweiten Weltkrieg eingesetzten Waffen ist beängstigend.
Auch an diesem Vormittag wieder Bunker. Man kommt nicht an ihnen vorbei, wenn man an der dänischen Nordseeküste entlangfährt. In Vigsø befindet sich eine besonders beeindruckende Ansammlung von Bunkern: Sie befinden sich westlich von Hanstholm und sollte die dortigen Geschütze vor Angriffen schützen.
Nach einem Bad im Meer fuhren wir an den breiten Strand von Saltrum, wo der Bus seine Offroadfähigkeiten unter Beweis stellen konnte. Man parkt hier direkt auf den unglaublich breiten Ständen.
Unser nächstes Ziel ist die Stadt Løkken. Auch hier wieder befahrbare Strände, die wir aber diesmal mit den Fahrrädern entlangfuhren. Hier sahen wir, dass es dort nicht ganz ungefährlich ist, mit dem Auto auf den Strand zu fahren, denn die Flut erreicht an manchen Stellen fast die Abbruchkante der Steilküste.
20. August 2022: Zwischen Ost- und Nordsee
Heute erreichten wir Skagen, den Wendepunkt unserer Reise. An der nördlichsten Spitze Dänemarks treffen die Strömungen der Nord- und Ostsee aufeinander und sorgen für ein imposantes Schauspiel, welches sich viele Touristen anzieht. Trotz der beginnenden Nachsaison ist nicht ganz einfach einen Parkplatz zu ergattern, aber der Weg auf die Sandbank lohnt tatsächlich.
Die nächste Nacht verbringen wir auf dem Stellplatz des Jachthafens von Frederikshaven. Am Samstagabend wirkt die Innenstadt wie ausgestorben. Nur einige Reisende, die vermutlich auf Ihre Fähre warten, flanieren durch die Stadt. Wir vermuten, dass es hier am Sonntag nicht viel anders aussehen wird und beschließen am nächsten Morgen weiterzufahren.
21 August 2022: Kulturprogramm
Wir steuern Aalborg an: Mit einer Einwohnerzahl von ca. 211.000 ist diese Stadt etwa so groß wie unsere Heimatstadt Erfurt. Es ist die viertgrößte Metropole Dänemarks.
Hier möchten wir etwas Kultur tanken und das Kunsten Museum of Modern Art besuchen, welches übrigens von den berühmten finnischen Architekten Elissa und Alva Aalto und dem dänischen Architekten Jean-Jacques Baruel entworfen wurde.
Wir konnten dort eine sehr interessante Sonderausstellung zum Thema Marmor als Werkstoff künstlerischer Arbeiten sehen.
Übernachten wollten wir jedoch nicht in Aaalborg, sondern auf halber Strecke nach Aarhus, am Mariagerfjord.
22. August 2022: (Fast) Rund um den Mariagerford
Entlang des Mariagerfords gibt es einige Fahrradstrecken. Zunächst planten wir bis zum Ende des Fjords nach Hobro zu fahren, um den Fjord zu umrunden. Da die Fahrradstrecken oft entlang vielbefahrener Straßen entlangführten und zum Teil recht hügelig waren, entschlossen wir uns umzukehren und in Richtung Ostsee zur Fjordmündung zu fahren. Dies war die richtige Entscheidung: Der Weg war gesäumt von wundervollen Alleen und wir entdeckten inmitten einer Schafherde eine historische Windmühle.
Die Ostseeküste unterscheidet sich hier stark von der Nordseeküste, die wir bislang gewohnt waren. Das Wasser ist flach und ruhig und die Vegetation reicht bis direkt an die Wasserkante.
Als wir am Abend den Campingplatz erreichen, sind wir völlig erschöpft: Etwa 70 km sind wir insgesamt gefahren. Mit einem Reiserad sicherlich kein Problem, aber auf Klapprädern ohne elektrische Unterstützung, eine ordentliche Strecke.
23. August. 2022: Der schönste Campingplatz der Reise
Wir erreichen den Ort Ebeltoft, welcher am Rand des Nationalparks Mols Bjerge liegt. Die Stadt ist wegen ihrer reizvollen Altstadt sehr beliebt und im Hafen liegt die Fregatte Jyland, das größte historische Schiff Dänemarks. Im nahegelegenen Elsgarde finden wir den schönsten Campingplatz auf unserer Reise. Viele Stellplätze befinden sich auf kleinen Terassen, die entlang der Steilküste angelegt wurden. Wir genießen einen wunderbaren Blick auf das Meer und die Insel Hjelm.
25. August 2022: AroS in Aarhus: Museales Highlight
Wir besuchen Aarhus, die zweitgrößte Stadt Dänemarks und zugleich die vorletzte Etappe unserer Dänemark-Reise. Zunächst verbringen wir einige Zeit mit der Parkplatzsuche. In die Parkhäuser passt unser Bus nicht und der im Reiseführer angepriesene Wohnmobilparkplatz existiert nicht mehr. Nachdem wir uns mühsam durch das dänischsprachige Menü eines Parkautomaten manövriert haben, kann es losgehen. Wir nehmen die Fahrräder, um die Innenstadt zu erkunden. Zunächst fahren wir in die Innenstadt, wo wir den Dom besichtigen und anschließend zu den neuen Wohnquartieren im Hafenviertel. An einer Wasserskianlage trinken wir einen Kaffee und beobachten die vergeblichen Versuchen einiger Jugendlicher die Strecke auf dem Brett stehen zu meistern.
Mein Highlight ist das AroS Museum für moderne Kunst mit seinem markanten Glasdach in den Farben des Regenbogens. Man könnte in den Sonder- und ständigen Ausstellungen problemlos des ganzen Tag verbringen.
Am Abend fahren wir an den Vejle Fjord, wo wir den Urlaub auf dem Hagen Standcamping ausklingen lassen wollen. Hier ist bereits Nachsaison und wir erhalten einen schönen Platz in der Nähe des Wassers.
26. August 2022: Das Ende der Reise
Wir starten die letzte Fahrradtour unserer Reise, die uns nach Frederica führt. Die Stadt liegt an der Mündung des Vejle Fjord. Hier füllen wir noch einige Vorräte für die Rückreise auf.
Der Tag klingt mit einem dramatischen Sonnenuntergang aus. Es war schön hier, auch wenn dies der mit Abstand teuerste Stellplatz unserer Reise war.
Fazit
Alles hat gut geklappt, die Ausrüstung hat sich bewährt. Nur einen kleinen Verlust haben wir zu beklagen. Die Trittstufe, die wir zur Montage der Fahrräder am Heckträger benötigen, steht jetzt irgendwo am Hafen von Frederikshafen. Die Fahrgeräusche des Busses werden immer lauter: Anfangs führte ich dies auf den Fahrbahnbelag der dänischen Straßen zurück, später wurde jedoch klar, dass dringend ein Wechsel der Radlager notwendig ist. Aber diesen Austausch von Verschleißteilen gönnen wir dem Bus nach 167 tkm und einer Dauerbelastung von mehr als drei Tonnen, gerne.
Offen war bis zum Schluss die Frage, ob der Bus ein verbessertes Fahrwerk incl. Höherlegung erhalten soll. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass das Serienfahrwerk etwas schwammig reagiert. Zudem geht das Heck des Busses unter der permanenten Belastung etwas in die Knie. Eine leichte Höherlegung könnte bei holperigen Streckenabschnitten für mehr Sicherheit für den Motor, das Getriebe und den Unterboden bringen, allerdings wird damit auch der Ein- und Ausstieg erschwert. Ein wichtiges Detail, wenn man bedenkt, wie häufig man beim Camping zwischen drinnen und draußen hin und her pendelt.
Nach dem Motto »never change a running system« haben wir uns am Ende gegen eine Höherlegung um 3,5 cm entschieden. Ein Grund war auch, dass jeder Zentimeter Höhengewinn knapp 1000,- € gekostet hätte.
Nachdem unser Sohn, der als Mechatroniker in einem Autohaus arbeitet, die Radlager gewechselt hatte, war der subjektive Eindruck des Fahrverhaltens gleich viel besser.