Fazit: Fahrzeug, Ausrüstung, Kosten

März 2024

Nach unserem persönlichen Fazit der Reise möchte ich (Jörg) zum Schluss noch etwas über die Technik und die Kosten schreiben. Die Google-Statistik unseres Blogs hat gezeigt, dass sehr viele Besucher*innen über den Suchbegriff Campmobil und die Details zur Ausrüstung auf unsere Seite stoßen, von daher wird dieses Fazit für diese Leser*innen sicherlich besonders interessant sein.

Das Basisfahrzeug

Kathrin hatte bereits in ihrem Fazit darüber berichtet, dass wir auf der langen Reise keinerlei Pannen oder Defekte hatten. Das spricht für das Basisfahrzeug T5, dessen Tachostand mittlerweile 190.000 Kilometer aufweist und natürlich auch für den Ausbau der Firma Campmobil. Die mitgeführte Notfallausrüstung und die Ersatzteile für die Campmobil-Technik haben wir also nicht benötigt. Trotzdem würde ich diese Ausrüstung auf jeder größeren Reise mitführen, denn ein solch reibungsloser Verlauf einer Langzeitreise ist eher ungewöhnlich.

Für kleinere Notreparaturen haben wir eine Rolle doppelseitiges Klebeband verbraucht und auch Gewebeband (Gaffatape) kam häufig zum Einsatz.

Es sind nur absolute Kleinigkeiten oder Verschleißschäden zu vermelden. Seit Portugal verliert ein Dämpfer Öl und muss getauscht werden.

Ein kleiner Schaden ist noch kurz vor dem Ende der Reise in Deutschland entstanden. Ich hatte eine Temposchwelle übersehen und nicht abgebremst. Dadurch ist der Fahrradträger am Heck in Bewegung geraten und hat das Glas einer Rückleuchte zerstört. Besonders ärgerlich deswegen, da wir in Spanien und Portugal gefühlt Tausende dieser Temposchwellen schadlos überfahren haben.

Bewährt haben sich die leichten AT Reifen »Latitude Cross« von Michelin. Es sind vermutlich die einzigen AT Reifen, die in der Gewichtsklasse 3,2 Tonnen ohne Höherlegung gefahren werden können. Leider besitzen sie nur eine M+S Kennzeichnung und haben damit zwar in Italien und Österreich eine Zulassung als Winterreifen, in Deutschland jedoch nicht.

Nach 22.000 Kilometern besitzen sie noch ein Restprofil von 5 bis 7 Millimetern. Gerade auf Schotterstrecken waren wir froh, diese Reifen gewählt zu haben.

Der Ausbau des Fahrzeugs

Der Ausbau der Firma Campmobil ist einfach großartig. Alles ist sehr solide gebaut. Die Möbel knarren nicht während der Fahrt und haben der Extrembelastung problemlos standgehalten. Wenn zwei Personen über einen Zeitraum von 11 Monaten Vollzeit in einem Bus wohnen, kann man dies sicherlich als Extrembelastung bezeichnen.

Die technischen Komponenten wurden gut ausgewählt. Defekte und Ausfälle (Solaranlage, Standheizung) gab es, als der Wagen noch recht jung war. Vielleicht ist es daher besser, für eine Langzeitreise kein nagelneues Fahrzeug zu verwenden. Auch sind die unvermeidlichen kleinen Beschädigungen oder Kratzer, die auf einer solchen Reise entstehen, dann weniger schmerzlich.

Natürlich gibt es einige wenige Dinge, die wir im Nachhinein verändern oder verbessern würden. Die Pushlocks der Schranktüren rasten nicht immer zuverlässig ein oder man vergisst sie manchmal vor der Abfahrt zu verriegeln. Hier würden wir uns Verschlüsse wünschen, die selbstätig arretieren, sobald man eine Schublade oder eine Schranktür schließt.

Auch die Verteilung der Heizungsluft könnte optimiert werden. Bei tiefen Temperaturen ist die Heckklappe und der vordere Bereich des Unterbodens immer sehr nass, weil dort – bedingt durch die Heckküche ­– keine Luft zirkulieren kann. Hier könnte einzusätzlicher Warmluft-Ausströmer im Unterboden Abhilfe schaffen. Eine kleine aber sinnvolle Änderung, die einfach und köstengünstig zu realisieren wäre.

Verzichten würden wir bei einem neuen Fahrzeug auf das schöne, große Gebo Dachfenster. Der Metallrahmen dieses Fensters ist eine Kälte/Wärmebrücke. Bei kalten Außentemperaturen bildet sich viel Kondenswasser auf dem Rahmen. Dies ist jedoch ein bekanntes Problem bei dieser Konstruktionsform. Anstelle der Dachluke würden wir zukünftig ein Maxxvent einsetzen lassen, um Luftfeuchte, Küchendünste und Wärme abführen zu können.

Nach extremen Starkregenfällen und wochenlanger hoher Luftfeuchte, wurde die Feuchtigkeit im Innern des Fahrzeugs zu einem echten Problem. Nasse Kleidung, nasse Schuhe, nasse Handtücher und die über Wochen hohe Luftfeuchte, führte schließlich zur Bildung von Stockflecken im vorderen Bereich des Polyroof-Daches und im Bereich der Schwalbennester. Also Zonen, wo generell eine schlechte Luftzirkulation stattfindet.

Auch für dieses Problem gibt es aus unserer Sicht Lösungen. Das Dachbett sollte tagsüber, wenn man sich nicht im Fahrzeug befindet, heruntergelassen werden, um den Bereich besser zu belüften. Bei starker Feuchtigkeit haben wir zusätzlich einen kleinen Heizlüfter aufs Bett gestellt, um den Bereich im Bug trocken zu halten.

Vor der Reise hatten wir einige Schwalbennester im Dach mit Fahrzeugfilz ausgekleidet. Hier bildeten sich keinerlei Stockflecken. Eine Auskleidung des Dachs mit Fahrzeugfilz könnte das Problem also generell verhindern, da das Material Feuchtigkeit besser absorbiert.

Unser Tipp: Mit dem Yachticon Stockflecken-Entferner lassen sich diese Flecken schnell und einfach bekämpfen. Leider hatten wir dieses Mittel nicht auf die Reise mitgenommen und unterwegs war es nirgendwo erhältlich. Natürlich sollte man nicht nur die Flecken, sondern auch die Ursachen dafür bekämpfen.

Der Starkregen in Portugal führte auch dazu, dass sich die geklebten Regenrinnen über den Eingangstüren lösten. Die Reparatur erfolgte mit einem speziellen doppelseitigen Klebeband für den Außenbereich: Die Rinnen halten bislang bombenfest.

Ist das Campmobil ein Fahrzeug für Langzeitreisen?

Bei der Wahl des geeigneten Fahrzeugs kommt es natürlich auf die individuellen Ansprüche an. Uns hat gefallen, dass das Campmobil so klein und wendig ist und trotzdem ausreichend Stauraum besitzt. Mit Fahrradträger und Heckbox ist das Fahrzeug nur 5,5 Meter lang. Klein genug für Forstwege in Naturparks oder schmal genug für einspurigen Passstrecken. Auch in Städten haben wir mit dem kompakten Campmobil immer einen Parkplatz gefunden. In Bilbao hatten wir uns einmal verfahren und landeten in einer sehr steilen und engen Einbahnstraße, die nur für PKW geeignet war. Mit einem größeren Wohnmobil wären wir dort unweigerlich steckengeblieben.

Im Frühjahr und Sommer war das Campmobil für uns das ideale Reisefahrzeug, denn wir hielten uns häufig vor dem Fahrzeug auf. Auch die Raumaufteilung innerhalb des Fahrzeugs hat sich als Ideallösung erwiesen.

Im Herbst und Winter, als wir lange im Regen feststeckten und es draußen kalt und schon früh dunkel wurde, wünschten wir uns ein etwas größeres Fahrzeug.

Zumindest eine separate Toilette wäre schön gewesen. Auch haben wir festgestellt, dass ein Kastenwagen generell nicht so gut geeignet ist, um sich längere Zeit in feuchten oder kalten Gebieten aufzuhalten. Ein solches Fahrzeug besitzt zwangsläufig eine Vielzahl von Wärme- bzw. Kältebrücken und damit entsteht unweigerlich Feuchtigkeit im Fahrzeug. Allerdings ist das Campmobil im kleineren Kastenwagen-Segment eine der besten Optionen. Der Camper ist recht gut gedämmt und besitzt einen isolierenden Doppelboden. Wichtig für die Durchführung eine Langzeitreise ist ein festes Dach. Mit der offenen Zeltkonstruktion eines Aufstelldachs hätten wir diese Reise nicht durchführen können.

Es war auch gut, dass wir das Dachbett, welches wir während der Reise ausschließlich genutzt haben, mit einer Unterfederung der Firma Froli nachgerüstet haben. Ohne diese Verbesserung des Schlafkomforts wären wir nach einigen Wochen sicher mit Rückenschmerzen aufgewacht.

Generell halten wir das Campmobil trotz seiner Kompaktheit (Unser Camper war auf vielen Stellplätzen das kleinste Fahrzeug) für ein Reisemobil, das ideal für eine Reisedauer bis zu sechs Monaten ist, wenn die Reiseziele nicht vorrangig in kalten und nassen Regionen liegen.

Auf eine zukünftige Langzeitreise würden wir eher mit einem Fahrzeug mit Wohnkabine aufbrechen. Eine solche Kabine ist hervorragend isoliert und es sind keine Wärme- bzw. Kältebrücken vorhanden. (Allerdings muss sich dafür die Kabine durch eine Tür vom nicht isolierten Fahrerhaus trennen lassen.) Eine abgeschlossene Toilette wäre Pflicht im nächsten Fahrzeug. Auf eine Duschkabine könnten wir jedoch verzichten, da wir während unserer Reise fast immer Waschgelegenheiten gefunden haben.

Schwerer als 3,5 Tonnen sollte der Camper aus unserer Sicht nicht sein, da wir während der Reise häufig Strecken befahren haben, die nur bis zu dieser Gewichtsgrenze freigegeben waren. Auch viele Innenstädte sind mittlerweile für schwerere Fahrzeuge gesperrt. Unser perfektes Fahrzeug sollte die Idealmaße von 6 Meter Länge, 3 Meter Höhe und 2 Meter Breite möglichst nicht überschreiten. Damit könnte man einen guten Kompromiss aus Komfort und Wendigkeit erzielen.

Allerdings wäre ein solches Fahrzeug deutlich teurer als unser aktueller Bus, welcher bereits viele der genannten Punkte erfüllt.

Wir haben es jedenfalls nicht bereut, die Reise in einem VW Bus mit Campmobil-Ausbau unternommen zu haben. Ein Fahrzeug, welches wir vor einigen Jahren gebraucht zu einem Preis erworben hatten, der uns noch genügend Spielraum zur Finanzierung dieser Reise ließ.

Ausrüstung

Es ist absolut erstaunlich, dass alle Dinge, die man benötigt, um ein Jahr bequem zu reisen, in einen VW-Bus passen. Wir haben in dieser Zeit kaum etwas vermisst: Im Gegenteil, wir würden zukünftig sogar einiges zuhause lassen:

Es ist absolut erstaunlich, dass alle Dinge, die man benötigt, um ein Jahr bequem zu reisen, in einen VW-Bus passen. Wir haben in dieser Zeit kaum etwas vermisst: Im Gegenteil, wir würden zukünftig sogar einiges zuhause lassen:

In meiner Reisetasche fand ich einige Kleidungsstücke, die ich während des gesamten Reisejahrs nicht genutzt hatte. Den Grill, den wir als Erweiterung des Koch-Equipments zu benötigen glaubten, haben wir nur selten genutzt, weil uns der Aufwand zur Reinigung meist zu hoch war. Die Kameraausrüstung habe ich nur selten ausgepackt, weil ein gutes Smartphone mittlerweile so fantastische Bilder macht und zugleich bequem und allzeit verfügbar ist.

Den Wasserfilter haben wir nur selten genutzt, weil wir fast überall auf der Reiseroute Wasser fanden, welches man unbedenklich trinken konnte. Manchmal schmeckte es jedoch deutlich nach Chlor. Es würde vermutlich reichen, zwei bis drei Flaschen Trinkwasser mitzuführen, um für solche Situationen gerüstet zu sein.

Ein kleines Silbernetz der Firma WM Aquatec hat sich als sehr nützliches Zubehör erwiesen. Es wird einfach in den Wassertank gelegt und verhinderte dort während der gesamten Reise die Entstehung von Biofilm und Algen.

Den mitgeführten WLAN-Router haben wir nie benötigt, weil unsere Handys via Hotspot andere Geräte problemlos und zuverlässig mit dem Internet verbinden konnten.

Gas ist ein Thema, welches vielen Reisenden zu schaffen macht: uns übrigens auch. Zum Kochen verwenden wir 1,8 Liter Campingaz-Tauschflaschen. Diese sind in Nordeuropa nicht erhältlich. In Spanien gibt es zwar identische Flaschen eines anderen Anbieters, diese werden in Deutschland jedoch nicht zurückgenommen.

Wir haben daher in der Außenküche und später teilweise auch Bus mit 500 gr. Gaskartuschen gekocht. Gegenüber den Campingaz Flaschen besitzen diese Kartuschen einige Vorteile: Sie sind überall erhältlich und oft vergleichsweise günstiger als Campingaz. Wenn die Kartuschen mit einem Gasgemisch aus Butan und Propan gefüllt sind, funktionieren sie auch bei niedrigen Temperaturen.

Aus diesen Gründen wäre es zukünftig sinnvoller einen mobilen Kocher für Außen und Innen zu verwenden und diesen ausschließlich mit Kartuschen zu betreiben. Dann würde auch die zweijährige Gasprüfung des Fahrzeugs entfallen.

In der kalten Jahreszeit war der kleine Ecomat Elektroheizwürfel eines unserer wichtigsten Ausrüstungsgegenstände. Mit der Dieselheizung konnten wir den Innenraum schnell aufheizen und die Wärme dann über den Abend und die Nacht mithilfe des Heizwürfels halten. Meist reichte hierfür eine Heizleistung von 450 Watt.

Im Sommer war hingegen die gasbetriebene Mückenabwehr von Thermacell ein häufig genutzter Ausrüstungsgegenstand.

Sehr bewährt haben sich auch die Scheibenisolierungen von der Firma Projektcamper, die schnell und einfach mit eingenähten Magneten befestigt werden. Bei großer Hitze oder Kälte haben wir das Fahrerhaus zusätzlich Außen mit Isolierungen der Firma Tigerexped eingepackt. Man kann diese Abdeckungen allerdings nicht bei Regen nutzen kann, weil sie sich dann mit Wasser vollsaugen.

Das Außenzelt haben wir nur in der Weihnachtszeit aufgebaut, als wir uns länger an einem Ort aufgehalten haben. Aber alleine für diesen Einsatz hat sich die Mitnahme bereits gelohnt.

Die extra für den Transport des Zeltes gebaute Heckbox hat sich ebenfalls sehr bewährt und mittlerweile rund 25 Tausend Kilometer zurückgelegt. Die Alubox hat zwischenzeitlich einige kleine Beulen abbekommen, ist aber weiterhin dicht und funktionsfähig.

Immer wieder haben wir festgestellt, dass es sehr wichtig ist, dass im Bus jedes Ding seinen festen Platz hat, wenn man auf so kleinem Raum lebt. Es ist absolut nervig, wenn man auf so kleinem Raum anfangen muss, nach einem Ausrüstungsgegenstand zu suchen.

Kosten der Langzeitreise

Mit unserem veranschlagten Reisebudget sind wir gut ausgekommen, was auch daran liegt, dass wir keine Kosten für Reparaturen hatten und keine defekten Ausrüstungsgegenstände ersetzen mussten.

Für unsere Lebenshaltungskosten haben wir unterwegs pro Monat etwas weniger als 1800,- € ausgegeben, die sich folgendermaßen verteilen:

  • 32 % Einkäufe des täglichen Bedarfs und Restaurant und Cafébesuche
  • 31 % Kosten für Stell- und Campingplätze
  • 18 % Diesel, Ölwechsel, Parkgebühren
  • 8 % Eintrittsgelder/Ausflüge
  • 5 % Maut und Fährgebühren
  • 2 % Öffentlicher Nahverkehr
  • 4 % Sonstiges: Kleidung, Geschenke, kleine Reparaturen

Hinzu kommen noch etwa 100,- € monatlich für alle Versicherungen: Langzeitreiseversicherung, KFZ Versicherung, »Hausratversicherung« für den Bus, Verkehrsrechtsschutz, Autoschutzbrief …

Vor der Reise erhielt der Bus eine große Inspektion, neue Reifen und einige Auffrischungen, die mit rund 1500,- € zu Buche schlugen.

Was bei dieser Auflistung natürlich nicht berücksichtigt wurde, sind die Anschaffungskosten für die Ausrüstung und den Camper.

Welches waren die günstigsten und teuersten Reiseländer?

Lebensmittel sind mittlerweile nach unserer Beobachtung in Europa überall etwa gleich teuer. Natürlich gibt es Schwankungen. Kaum erstaunlich: In Norwegen sind Lebensmittel am teuersten und eine Flasche Wein ist eine echte Geldanlage. Dicht dahinter folgt Italien: Auch dort sind die Lebensmittelpreise erstaunlich hoch. Am günstigsten lebt man in Portugal.

Unterwegs dachten wir, dass Lebensmittel fast überall teurer wären als in Deutschland. Bei unserer Rückkehr haben wir dann bemerkt, dass die Preise mittlerweile auch hier auf einem ähnlichem Niveau liegen.

Restaurantbesuche sind in vielen Ländern fast unerschwinglich teuer geworden. Wir sind früher auf Reisen häufig essen gegangen, heute kochen wir meist selbst. Das ist schade, weil man so einen wichtigen Teil der Landeskultur kaum wahrnimmt. In Frankreich oder den nordischen Ländern kann ein Restaurantbesuch leicht 50,- € oder mehr pro Person kosten.

Da wir viele Länder in der Vor- oder Nachsaison bereist haben, waren die Kosten für Stellplätze recht erträglich. Am günstigsten war es in Portugal oder auch in den nordischen Ländern und im Baltikum waren die Preise für Stellplätze nicht hoch. Wobei einige Plätze, insbesondere in Nordeuropa, einen recht geringen Standard aufweisen. Dies betrifft vor allem die Sanitäranlagen.

Am teuersten waren – selbst im Winter – die Stell- und Campingplätze in Italien.

Generell bieten aus unsere Sicht sehr viele Betreiber ein sehr gutes Preisleistungsverhältnis für Platzgebühren, die im Schnitt bei rund 20,- € lagen.

Man sieht an dieser Auflistung, dass eine solche Langzeitreise durchaus erschwinglich ist. Wenn man zu Hause nicht alle Zelte abgebrochen hat, bleiben jedoch auch dort noch individuelle Fixkosten: Beispielsweise für Miete und Verträge.

Mithilfe eines Sabbatical-Modells ist eine solche Reise tatsächlich auch ohne größere finanzielle Reserven gut finanzierbar. Wir haben uns über einen Zeitraum von fünf bzw. drei Jahren weniger Gehalt auszahlen lassen. Während unseres Reisejahrs wurde unser Gehalt dann weiter bezahlt und auch Kranken- und Sozialversicherungen liefen weiter. Wer ein solches Modell mit seinem Arbeitgeber vereinbaren kann, befindet sich in einer sehr komfortablen Ausgangsposition, um eine solche Reise durchführen zu können.

Kathrins Fazit der Langzeit-Europareise

März 2014

Vor der Reise haben wir uns natürlich auch Gedanken gemacht, was so alles passieren könnte, von Unfällen über Krankheiten bis hin zu anderen negativen Erlebnissen und Ereignissen. Auch von anderen Menschen wurden wir häufig mit der Frage konfrontiert, was macht ihr wenn …

Und wir wurden besonders vor möglichen Einbrüchen und Diebstählen gewarnt. Fast jeder kannte jemand, dem so etwas passiert war.

Für manches haben wir eine zusätzliche Versicherung abgeschlossen. Zwar habe ich nicht damit gerechnet, dass alles glattgehen würde, aber trotzdem bin ich relativ angstfrei auf diese Reise gegangen, mit der Zuversicht, es wird schon werden, bzw. das sehen wir dann. Und dann … ist 11 Monate nichts von all dem passiert. Ein absolutes Wunder: Das Auto, unser Zuhause, ist heil geblieben, wir hatten keinen Verkehrsunfall, trotz manch spezieller Fahrweise in Ländern wie Italien oder Portugal.

Wir hatten abgesehen von kleineren Stürzen beim Radfahren und Wandern keine Unfälle und waren fast immer gesund. Und haben auch die Angriffe der Raubmöwen in Norwegen überlebt.

Wir sind nicht überfallen worden, niemand hat uns bedroht, uns wurde nichts gestohlen. Im Gegenteil: In Sevilla hatte ich mein Portmonee mit allen Karten verloren. Unbemerkt, bis ich vor einem Museum von einem Mann angesprochen wurde, mit der Frage, ob dies mein Geldbeutel sei. Er hatte mich anhand des Fotos im Ausweis gesucht und gefunden. Welch ein Glück. In allen bereisten Ländern sind wir unzähligen freundlichen, hilfsbereiten und sehr interessanten Menschen begegnet und negative Begegnungen lassen sich an einer Hand abzählen. Wir wurden von Einheimischen und anderen Reisenden teils ungefragt mit Reisetipps und Informationen über Land und Leute versorgt. Und auch mit dem Angebot, sich in Notfällen jederzeit melden zu können.

Dadurch, dass wir die Serviceeinrichtungen der Plätze wie Sanitäranlagen und Abwaschplätze immer genutzt haben und oft draußen gekocht und gegessen haben, sind wir mit vielen anderen Menschen in Kontakt gekommen.

Beim Abwaschen, in den Waschgebäuden, in der Sauna ergab sich so manches interessante Gespräch.

Viele Menschen waren überraschend offen und haben uns sehr persönliche Dinge erzählt, über die wir gestaunt haben. Vielleicht entstand diese Offenheit gerade im Bewusstsein, dass es nur einmalige Kontakte waren.

So haben wir z.B.erfahren, wie es ist, ohne Geld den Jakobsweg zu gehen und immer auf das Wohlwollen und die Spenden andere angewiesen zu sein.

Wie es ist als Kanadierin mit dem Moped Europa zu erkunden; wie man sich als Familie eine Existenz in Sardinien aufbaut.

Wir haben immer einen Übernachtungsplatz gefunden und haben uns auf unseren über 160 Schlafplätzen bis auf ein zwei Ausnahmen immer sicher gefühlt.

Das Leben auf den unterschiedlichen Übernachtungsplätzen war sehr abwechslungsreich, manchmal herausfordernd, manchmal entspannt. Selten allerdings luxuriös, insbesondere was die sanitären Anlagen betrifft. Auf jeden Fall wissen wir nach der Reise, in welch kurzer Zeit man auch im stockdunkeln Gebäuden oder auch Außen, bei eisiger Kälte oder ohne einen Haken für Kleidungsstücke duschen kann und dass ein Blick in die Toiletten nach vorhandenem Klopapier sich lohnt.

Besonders genossen haben wir die Plätze mit viel Grün, unter Bäumen, in Orangenplantagen, in den Bergen, am Meer, an Flüssen und Seen und in den verschiedenen Nationalparks in Estland, Lettland und Polen. Gewöhnungsbedürftig waren die Plätze in den Städten und reine Stellplätze, wo Campingverhalten verboten war und wo dies auch aufgrund der Enge gar nicht möglich gewesen wäre. Dort kamen wir uns manchmal zwischen all den riesigen Mobilen mit unserem kleinen Bus sehr eingequetscht vor.

Überraschend oft waren wir die einzigen Camper, besonders in den ersten Monaten und auch am Ende der Reise. In Norwegen, besonders auf den Lofoten, in Frankreich und im Süden Spaniens waren die Plätze teils überfüllt und die Enge dort hat uns gar nicht gefallen. Aus diesem Grund haben wir uns auch nicht vorstellen können auf solchen Plätzen mehrere Wochen zu verbringen oder gar zu überwintern, was ursprünglich auch eine Idee von uns war.

Während der Reise habe ich mich oft gefragt, wie wäre eine solche Tour ohne Internet oder wie wäre sie noch vor 10 oder gar 20 Jahren verlaufen. Eine Reise ohne Navi, ohne Online Reiseführer, ohne Recherchemöglichkeiten zu Übernachtungen und Reisezielen, ohne den Blog und ohne Apps für Stellplätze, Wetter, Pflanzen und Vogelbestimmung beispielsweise. Kaum vorstellbar. Auch die Kontakte zur Familie und zu Freunden wären von unserer Seite viel eingeschränkter möglich gewesen. Vielleicht hätten wir ab und an mal telefoniert oder auch mehr Karten und Briefe geschrieben.

Aber uns hätten auch all die vielen Informationen zum Weltgeschehen während der Reise nur eingeschränkt erreicht. Weltpolitisch gesehen war es kein gutes Jahr und mich haben all die vielen schlechten Nachrichten oft bewegt und hilflos gemacht. Gerade dieser Punkt hat bei mir manchmal den Wunsch geweckt, Tage ohne Internet zu verbringen, was mir dann auch wieder schwerfiel.

Wir haben zwar während der Reise viele interessante Städte besucht, aber für mich war das Besondere das Leben in der Natur. Unzählige Stunden bei Wind und Wetter, überraschend oft bei Sonne, draußen zu verbringen, frische Luft zu atmen und die Umgegend wahrzunehmen, kann sehr erholsam sein. Die vielen Wanderungen an der Küste in Ländern wie Portugal, Spanien und Frankreich, durch die Moore in Estland, auf Berge in Norwegen und Spanien waren die Highlights der Reise.

Und auch die Begegnungen und das Beobachten der vielen Weidetieren und der unterschiedlichen Vögel haben mich begeistert. Im und am Bus wurden wir von Katzen, Hunden, Eseln, Pferden, Schwänen und Störchen besucht.

Und auch wenn der erste Elch, den wir gesehen haben, das erste Rentier, der erste Storch, Geier oder Flamingo immer was Besonderes ist, hatte auch das Entdecken der weiteren Artgenossen seinen Reiz. Nur die angekündigten Bären in Nordspanien ließen sich nicht blicken, was wohl auch besser so war.

Oft haben wir von Menschen gelesen und gehört, die nach einer solchen Reise ihr ganzes Leben umgekrempelt haben und alles Mögliche verändert haben. Danach sieht es bei uns zunächst nicht aus, aber sicher werden die Erfahrungen der Reise auch unseren Alltag verändern. Ich bin gespannt, wie uns der Einstieg in den Alltag gelingen wird. Bleiben wird auf jeden Fall das Erstaunen und die Dankbarkeit darüber, dass alles gut gegangen ist und die Erkenntnis, es war gut eine solche Reise zu wagen.

Jörgs Fazit der Langzeit-Europareise

März 2024

Etwa 21.500 km mit dem Campmobil, ca. 3000 km mit den Klappfahrrädern und eine ungezählte Zahl von Kilometern zu Fuß durch Europa. Fast 11 Monate waren wir unterwegs und haben dabei 15 Länder durchquert (plus einem Tagesausflug nach Marokko). Wir haben in dieser Zeit so vieles erlebt und dabei schnell festgestellt, dass wir während unserer Reisezeit nur einen winzigen Teil dieses Kontinents sehen werden. Wir könnten noch Jahre unterwegs sein, ohne dass es langweilig würde.

Bus und Klappräder haben uns nahezu ohne Pannen überall hingebracht.

Aber jetzt ist es erst einmal genug. Wir freuen uns auf unsere Familie, die Freunde und den Komfort einer Wohnung: ein richtiges Bett, viel Platz und eine vollwertige Küche. Über viele Monate haben wir auf etwa sechs Quadratmetern gelebt und waren meist rund um die Uhr zusammen. Eine Nähe, wie sie in einem normalen Alltag niemals vorkommt. Es hat überraschend gut funktioniert, auch wenn wir natürlich manchmal Meinungsverschiedenheiten hatten oder uns auf dem engen Raum auf den Geist gingen.

Fast ein Jahr auf sechs Quadratmetern

Wir haben auf dieser Reise erlebt, dass alles was man zum Leben braucht, bequem in einen VW Bus passt. Vermisst haben wir eigentlich nichts und würden bei einer nächsten Reise sogar einige Dinge zu Hause lassen.

Ohne uns vorher darüber abzustimmen haben wir eine Aufgabenteilung entwickelt, die gut funktioniert hat und auf die wir uns verlassen konnten. So ein Campingbus ist wie ein Schweizer Taschenmesser: Während der Fahrt sind alle Funktionen platzsparend »zusammengeklappt«. Am Stellplatz wird dann alles aus- und umgepackt, aufgebaut und angeschlossen. Und da hatte sich bereits nach kurzer Zeit eine totale Routine entwickelt. Wir beide hatten unsere individuellen Bereiche und Handgriffe. Wir konnten den Bus innerhalb einer halben Stunde vom Fahr- in den Campingmodus versetzen und umgekehrt.

Kathrin recherchierte die spannenden Orte entlang der Reise und las unzählige Reiseführer, die sie dank des Online-Zugangs der Bibliothek unterwegs herunterladen konnte. Ich war hingegen für die Streckenplanung und für die Suche nach möglichen Stell- und Campingplätzen zuständig.

Schnell hatten wir begriffen, dass eine Langzeitreise nichts mit einer Urlaubsreise zu tun hat. Die Planung der nächsten Reiseetappen kann unglaublich viel Zeit verschlingen. Meist verbrachten wir die Abende mit Vorbereitungen und häufig diskutierten wir lange über möglich Alternativen oder mussten Pläne verwerfen, weil die Umsetzung zu schwierig oder gar unmöglich war. Oft brachten vor allem mich Apps oder Buchungsportale zu Weißglut. Die Möglichkeit Tickets, Fähren, Parkscheine, Maut und Stellplätze online buchen zu können, ist Segen und Fluch zugleich. Selten funktionierten die digitalen Helfer auf Anhieb und immer häufiger werden die Aufgaben auf den Kunden abgewälzt. Unsere Festplatte mit der digitalen Videothek haben wir der Reise kaum genutzt, weil wir kaum Zeit hatten uns Filme anzusehen.

Ohne die vielen Fährverbindungen wäre die Europareise nicht möglich gewesen

Manche Pläne, die ich auf der Reise realisieren wollte, konnte ich nicht so umsetzen, wie ich das gerne getan hätte. So habe ich weniger als geplant mit der Camera Obscura fotografiert. Die Idee, mit einer 360 Grad Kamera Filme für einen YouTube-Kanal zu erstellen, habe ich aufgeben, weil sich dieses Vorhaben als zu zeitaufwändig erwies. Viel Raum nahm hingegen die Arbeit an diesem Reise-Blog ein, der zunächst nur von mir, später jedoch auch von Kathrin betreut wurde.

Die Arbeit am Blog

Mithilfe des Blogs konnten wir während der langen Reisezeit den Kontakt zu Freunden, Bekannten und der Familie aufrechterhalten. Aber er wurde auch in anderer Hinsicht wichtig. Er half uns das Erlebte zu dokumentieren, zu sortieren und zu archivieren. Er trägt dazu bei, dass wir selbst uns an Reiseetappen zurückzuerinnern können, die ansonsten bei der Fülle der Erlebnisse schnell in Vergessenheit geraten würden.

Das Fotografie-Projekt mit der Camera Obscura

Motivation für die Arbeit an dem Blog war auch die stetig wachsende Zahl der Besucher*innen und die Rückmeldungen, die wir per Mail, Telefon oder Kommentarfunktion erhalten haben. Mehr als 1300 Personen haben bis zum Ende der Reise unser digitales Tagebuch besucht. Manche sind einmalig im Rahmen einer Internetrecherche auf unsere Seite gestoßen, andere haben unsere Berichte regelmäßig verfolgt.

Irgendwann haben wir bemerkt, dass unsere Reise auch eine umweltpolitische Dimension besitzt. An vielen Orten stießen wir auf die Anzeichen des Klimawandels.

Als wir durch Ost- und Nordeuropa reisten, gab es über einen langen Zeitraum kaum Regen, während aus Südeuropa starke Überschwemmungen nach wochenlangen Regenfällen vermeldet wurden. Wir kamen an Flüssen und Seen vorbei, deren Pegel beängstigend niedrig waren und erlebten in Portugal Starkregenfälle in einem unvorstellbaren Ausmaß. Es war beängstigend in einem kleinen VW Bus zu sitzen, während pro Stunde etwa 50 Liter Regen gegen Dach und Fenster peitschen.

Starkregen und Stürme in Portugal

Wir kamen in Spanien durch Gegenden, wo akuter Wassermangel herrscht und die Bewohner*innen überall leere Wasserkanister mit der Aufschrift Aqua aufhängen, um auf das Problem aufmerksam zu machen.

Überall hörten wir Berichte von Einheimischen über die Auswirkungen des Klimawandels: Schnee auf der bretonischen Insel Orleans, wo bislang niemals Schnee gefallen war. Ein enormer Temperaturanstieg im Norden Finnlands, der im Frühjahr innerhalb weniger Tage den Schnee schmelzen ließ, was starke Überschwemmungen zur Folge hatte. Weit hinter dem Polarkreis eine Temperatur von 25 Grad in der Stadt Narvik, wo das Thermometer sonst selten über 15 Grad klettert.

Verbrante Wälder in Portugal und Trockenheit in vielen Teilen Europas

Man könnte diese Aufzählung noch lange fortsetzen. Natürlich trägt unsere Reise auch zu diesen Problemen bei. Auf unserer Fahrt haben wir etwa 8 Tonnen CO2 produziert. Das ist enorm viel und wir möchten versuchen unseren CO2-Fußabdruck zukünftig zu verringern.

Irgendwann während der Reise dachte ich: »Alleine wegen der vielen Erfahrungen, die wir in diesem Jahr machen durften, hat sich dieses Leben gelohnt«. Die Entscheidung, für ein Jahr den gewohnten Alltag zu verlassen, war richtig und ich bin dankbar, dass wir diese Möglichkeit von unseren Arbeitgebern erhalten haben, denn es war ein Ausstieg mit der Sicherheit. Nach einem Jahr können wir wieder an die bisherige Arbeitsstelle zurückkehren.

Unvergessliche Landschaften und Erlebnisse

Aber nicht nur unsern Arbeitgebern möchten wir danken. Auch unsere Söhne, Eltern, Geschwister und die Mitbewohner*innen der Albrechtstraße haben uns für dieses Jahr den Rücken freigehalten und dafür möchten wir uns ganz besonders bedanken.

Zum Schluss sei noch gesagt: Wer eine Langzeitreise oder ein ganz anderes Projekt realisieren möchte, sollte versuchen, die Idee in die Tat umzusetzen. Allerdings ist oft eine lange Phase der Vorbereitungen notwendig. Aber der Aufwand lohnt sich auf jeden Fall.

Kurz vor dem Schritt über den Polarkreis

Es war die richtige Entscheidung, eine solche Reise noch vor dem Rentenalter zu unternehmen. Die Realisierung hat sehr viel Kraft gekostet und wer weiß, ob wir diese Energie in ein paar Jahren noch aufgebracht hätten. Wir wissen nun auch, dass unsere nächste große Reise sicherlich kürzer werden wird. Aber drei bis vier Monate Zeit braucht es aus unserer Sicht schon, um richtig in eine Region eintauchen zu können.

Sechs Monate auf Achse

10. Oktober 2023

Es ist kaum zu glauben: Wir sind mittlerweile ein halbes Jahr unterwegs. In dieser Zeit sind wir von größeren Katastrophen verschont worden und hoffen, dass dies auch so bleibt. Kleine Unglücke passieren auf so einer langen Reise natürlich immer: Gerade heute hat Kathrin ihre Sonnenbrille verloren. Aber wir hatten bislang keine Pannen und keine Unfälle. Zweimal sind wir mit der Heckbox beim Zurücksetzen angeeckt und die Alubox hat ein paar Beulen abbekommen, aber solche kleinen Blessuren waren zu erwarten.

Der VW Bus und der Campmobil-Ausbau hat bislang alles klaglos weggesteckt. Immerhin haben wir bislang etwa 16.000 Kilometer zurückgelegt. Mehr als 2000 Kilometer davon haben wir mit unseren Klapprädern bewältigt und dabei über 13.000 Höhenmeter überwunden.

Die Fahrräder sind für uns ein enorm wichtiges Fortbewegungsmittel, um die nähre Umgebung zu erkunden

Die Wege waren sowohl für die Fahrräder, als auch für den Bus nicht immer einfach.

Gerade gestern hätten wir uns fast in Bilbao festgefahren. Unser Stellplatz lag etwa 200 Meter über der Innenstadt.

Unser Navi hatte für den Rückweg spontan eine Strecke ausgewählt, die für den Bus gänzlich ungeeignet war und ich hatte ein Schild übersehen, dass die Straße für Fahrzeuge über 5 Meter Länge verboten war. (Mit Heckbox sind wir fast 6 Meter lang). Die Gasse wurde immer enger und bekam mehr als 15 Grad Gefälle. Zurücksetzen war unmöglich und hinter mir hupte bereits ein PKW. Also mussten wir da durch. Dachkanten ragten über den Weg und kamen dem Hochdach des Bullis gefährlich nahe und einmal senkt sich die Straße so abrupt in die Tiefe, dass ich befürchte, mit dem Unterboden aufzusetzen. Man wusste nie, wie es hinter der nächsten Biegung weitergehen würde. Es ist zum Glück alles gut gegangen und wir sind um eine Erfahrung reicher. Wir werden zukünftig in Ruhe prüfen, ob der Streckenvorschlag des Navis für unser Fahrzeug geeignet ist. In diesem speziellen Fall waren wir wieder einmal froh, mit einem vergleichsweise kleinen Fahrzeug unterwegs zu sein. Mit einem größeren Wohnmobil wären wir sicherlich stecken geblieben und eine solche Erfahrung möchte ich auf gar keinen Fall machen.

Das Besondere an unserer Langzeitreise ist, dass wir keinen festen Routen- und Zeitplan haben. Oft genießen wir es, uns treiben zu lassen und sind sehr zufrieden mit all dem, was wir erleben und entdecken können. Aber es gibt auch Zeiten, wo uns diese Planlosigkeit anstrengt. Da fallen uns Entscheidungen, wie es weitergehen soll bei der Fülle an Möglichkeiten in so großen Ländern wie Frankreich oder Spanien schwer.

Was müssen oder wollen wir weglassen? Wie viel Zeit nehmen wir uns für einzelne Orte, was reservieren wir vor und wie legen wir uns damit zeitlich fest? Wenn wir dann noch unterschiedlicher Meinung sind …

Wir informieren uns gerne im Internet oder mithilfe von Online-Reiseführern und wir berücksichtigen Tipps von anderen Reisenden.

In der letzten Zeit haben wir nach unserem Gefühl aber zu viel Zeit mit der Planung und der Recherche nach offenen Campingplätzen, nach Übernachtungsmöglichkeit in Städten oder nach Einkaufsmöglichkeiten spezieller Dinge wie Gaskartuschen verbracht. Hinzu kam noch, dass wir uns teils durch Vorreservierungen festgelegt haben, was nicht immer ganz glücklich war. Und so mancher Zeitplan funktioniert nicht wie gedacht, zum Beispiel aufgrund von Feiertagen oder individueller Öffnungszeiten von Museen.

Die Reisenden spiegeln sich in einer Installation von Jeff Koons im Gugenheim-Museum: Dazu bald mehr

Und mancher Campingplatz, auf dem wir eine längere Zeit verbringen wollten, entpuppt sich als ungeeignet, während wir auf anderen gerne länger geblieben wären.

Manche Campingplätze an Surf-Spots sind auch in der Nachsaison brechend voll

Das trübt an manchen Tagen die Reiselust, bringt uns aber auch in Austausch über die Frage: wie soll es weiter gehen. Wir sind auf uns gespannt.

Blick von einem Campingplatz am Atlantik auf einen tollen Surf-Spot

Was sonst noch passierte

Vor unserer Städtetour nach San Sebastian und Bilbao haben wir noch einen dreitägigen Stopp auf einem wunderschönen Platz in Sunbilla verbracht, der auf einer Bergkuppe inmitten eines lichten Eichenwaldes lag. Dort waren kleine Esel unsere täglichen Gäste. Wir brauchten unbedingt einige Tage zum Entspannen und für Haushaltstätigkeiten.

Unsere täglichen Gäste

An diesem Ort haben konnten wir an zwei Tagen eine Fahrradtour auf einer stillgelegten Bahntrasse unternehmen. Die Route heißt Via Verde und ist Teil des europäischen Fernradwanderwegs, der am Nordkap beginnt und im portugiesischen Sagres endet.

Die Strecke führt mit sehr geringen Steigungen und durch einige Tunnels entlang des Flusses Bidasoa. Wieder eine unserer Entdeckungen und eine klare Empfehlung.

Die letzten Tage in Frankreich

25. bis 28. September 2023

Bordeaux

Aktuell finden in Frankreich die Rugby-Weltmeisterschaften statt und Bordeaux ist einer der Austragungsorte. Keine gute Voraussetzung, um in Stadtnähe einen Stellplatz für die Übernachtung zu finden. Aber wir wollten uns diese Stadt ansehen und sind daher auf einen kleinen Campingplatz in der Peripherie ausgewichen. In der Nähe gab es einen Bahnhof und der Transfer in die Stadt dauerte nur etwa 30 Minuten.

Kathedrale St. André

Die Begeisterung, die wir bei der Besichtigung anderer Städte empfanden, wollte hier jedoch nicht eintreten. Was jedoch nicht an Bordeaux lag, sondern eher daran, dass wir in den vergangenen Wochen und Monaten schon so viele Städte gesehen hatten und die Temperaturen wieder einmal 30 Grad überschritten, was für einen Streifzug durch die Stadt nicht gerade optimal ist.

Museum Cité du vin von XTU architects

Etwas entfernt vom sehenswerten Museum Cité du vin von XTU architects, welches wir uns nur von außen angeschaut haben, weil wir nicht schon um 11 Uhr vormittags die dort obligatorische Weinprobe machen wollten, liegen die U-Boot Bunker, die während des Zweiten Weltkriegs von der deutschen Wehrmacht gebaut wurden. Auch hier also wieder die Zeugnisse einer beschämenden Vergangenheit. Allerdings hat man heute die Möglichkeit einer friedlichen Umnutzung gefunden.

Die Bunker nennen sich heute Bassins des Luminièrs und dort werden jährlich wechselnde Video-Installationen gezeigt. Aktuell »Dalí – the endless enigma«. Über Brücken überquert man die Becken, in denen einst die deutschen U-Boote lagen und an die Wände und auf die Wasseroberfläche projizieren Beamer eine Installation über das Lebenswerk von Salvador Dalí, unterlegt von Musik der Band Pink Floyd. Zu Beginn war die Installation etwas gewöhnungsbedürftig. Nach und nach zog sie uns jedoch immer stärker in ihren Bann.

Abenteuer Werkstattsuche

Bereits im Elsass ­ und damit für uns unerwartet früh ­ meldete der Bordcomputer des Busses einen bevorstehenden Ölwechsel an. Der täglich rückwärts laufende Countdown begleitete uns in den vergangenen Wochen, doch wir wischten die Gedanken an die bevorstehende Werkstattsuche beiseite. Irgendwann mahnte das Display unmissverständlich: Ölwechsel jetzt! Das war gerade nicht so passend, da wir uns auf der Insel D’Oleron befanden und dort die Werkstattdichte nicht sehr hoch ist. Auch bei unserem nächsten Stopp in der Stadt Bordeaux wollten wir nicht so gerne auf Werkstattsuche gehen.

Seebrücke in Arcachon

Aber Arcachon schien uns passend. Eine Stadt, nicht zu groß und nicht zu klein: Eine gute Auswahl an Werkstätten schien es dort zu geben, wie unsere Vorrecherche ergab. Einige Werkstattketten bieten die Buchungen von Werkstattterminen an. Prima, dachten wir: Problem gelöst. Aber leider funktioniert dieser Service nicht, wenn man mit einem deutschen Fahrzeug durch Frankreich fährt. Immer wenn man wie gefordert das Kennzeichen eingibt, meldet das System einen Fehler. Da hilft es auch nicht, ein französisches Fantasiekennzeichen einzugeben. Das System erkennt sofort, ob die Nummer zum Fahrzeug passt.

Also mussten wir ohne Termin eine Werkstatt ansteuern. Nicht so schlimm, dachten wir: In ein bis drei Tagen würden wir sicherlich einen Termin erhalten.

Im Hafen von Arcachon

In der Praxis gestaltete sich die Werkstattsuche dann deutlich schwieriger. In Werkstatt Nummer eins winkte man nur ab, als wir unsere Terminvorstellung nannten. Ein Ölwechsel wäre frühstens in zehn Tagen möglich. Werkstatt Nummer zwei benötigte 10 Tage für die Bestellung des Ölfilters. Die Werkstätten drei und vier kamen für uns nicht infrage, weil es ziemlich rumpelige Hinterhofschrauber waren. Kfz-Werkstatt fünf und sechs konnten uns erst in zwei bis drei Wochen Termine anbieten. In der letzten Werkstatt gab man uns jedoch den Tipp, es bei einer uns bislang unbekannten französischen Werkstattkette zu versuchen.

Dort trafen wir auf eine Mitarbeiterin, die Englisch sprach und sich ernsthaft unseres Problems annahm, was gar nicht so einfach war. Die in der deutschen Zulassungsbescheinigung aufgeführten Kennziffern für die Ersatzteilsuche funktionieren hier nicht. Anhand von Baujahr, Motorisierung und weiterer Daten musste erst mühsam ermittelt werden, welchen Ölfilter wir benötigen. Als das endlich geschafft war, wurde es spannend. Welchen Terminvorschlag würde ich bekommen? In drei Tagen sollten wir vorbeikommen. Als ich der Servicemitarbeiterin erzählte, dass wir uns auf der Durchreise befinden und extra für den Termin ein paar Tage länger in der Stadt bleiben müssten, wurde unser Bus sogar noch am nächsten Tag dazwischengeschoben.

Mit frischem Öl am Cap de L’Homy

Alles lief sehr fair und professionell ab. Sogar die aufwändige Demontage und Montage unseres Unterfahrschutzes wurde nicht extra berechnet und der Wagen wurde zudem noch durchgecheckt.

Insgesamt ein tolles Serviceerlebnis.

Generell waren wir jedoch sehr überrascht, wie aufwändig es ist, ein scheinbar so kleines Problem unterwegs zu lösen. Dieser Ölwechsel hatte sehr viel Zeit und Nerven gekostet. Die Vorrecherchen, die Werkstattsuche und der eigentliche Werkstatttermin hatten sicherlich acht bis zehn Stunden in Anspruch genommen. Es bleibt nach diesem Erlebnis zu hoffen, dass wir uns nicht allzu häufig auf die Suche nach einer Werkstatt begeben müssen.

Und dann war da noch…

… die letzten Tage am wilden Atlantik

Am Suferstrand Cap de l’Homy

Letzte Reisevorbereitungen

Die Do-List

Do-List

Gut ein Jahr vor unserer geplanten Abreise habe ich damit begonnen eine Do-List zu erstellen. Diese wurde mit der Zeit immer unübersichtlicher, da immer mehr Punkte hinzukamen.

Irgendwann habe ich begonnen, diese Liste nach verschiedenen Bereichen zu strukturieren und Deadlines für die Erledigung einzelnen Aufgaben festzulegen.

Das Fahrzeug

Individuelle Kissen, Filzauflagen und Vorhänge mit Magnethalterungen

Eine Optimierung des Fahrzeug-Innenraums haben wir im Verlauf der vergangenen ein bis zwei Jahre ganz allmählich vorgenommen. Es gab kleinere und größere technische Veränderungen: Beispielsweise der Einbau eines Warmwasser-Boilers oder einer Trenntoilette.

Es gab aber auch gestalterische Eingriffe, um den Bus wohnlicher zu gestalten: Beispielsweise den Einbau von Magnetleisten zur Befestigung von Vorhängen.

Vor der Abreise werden wir einen großen Fahrzeugcheck durchführen lassen. Auch die Fahrzeug- und Bordbatterien müssen überprüft werden und die häufig genutzte Schiebetür soll prophylaktisch gewartet werden. Bei diesem Check sollen auch Arbeiten durchgeführt werden, die nach Serviceplan noch nicht notwendig wären. Aber wir wollen unterwegs natürlich möglichst selten Werkstätten ansteuern.

Vor der Reise wird auch ein Unterfahrschutz für Motor und Getriebe montiert. Er besteht aus einem 6 mm starken Aluminiumplatte. Zusätzlich wollen wir vor der Reise AT Reifen auf Stahlfelgen aufziehen lassen. Für unsere Zwecke reichen »leichte« All Terrain Reifen für gelegentliche Fahrten auf Schotterpisten, nassen Wiesen oder matschigen Campingplätzen.

Aus unserer Sicht ist es sinnvoll, mindestens zwei Jahre Erfahrung mit einem Fahrzeug zu sammeln, bevor man auf große Reise geht. Man muss auf einigen kürzeren Reisen die Stärken und Schwächen des Fahrzeugs kennenlernen und Details Schritt für Schritt optimieren.

Versicherungen und Verträge

Schutzbrief

Unsere Fahrzeugversicherung beinhaltet einen Schutzbrief. Er besitzt einen vergleichbaren Leistungsumfang wie der häufig genutzte ADAC Schutzbrief, kostet jedoch etwas weniger. Dieser Premium Schutzbrief soll helfen, fast alle denkbaren Pannen- und Unglücksfälle während der Reise zu regulieren und abzudecken. Selbst wenn wir uns entscheiden würden, im Winter nach Marokko zu reisen, könnten wir im Falle eines Unfalls, das Fahrzeug von dort zurücktransportieren lassen.

Inhaltsversicherung

Addiert man Wert aller Dinge, die man für eine lange Reise in den Camper packt, kann schnell eine fünfstellige Summe zusammenkommen. Sollte man unterwegs bestohlen oder ausgeraubt werden oder den Inhalt des Campers durch einen Unfall oder Brand verlieren, erhält man von der Versicherung den finanziellen Neuwert. Dass das Inventar auf einer Reise nicht kurzfristig und ohne weiteres ersetzt werden kann, ist ein anderes Thema.

Haftpflicht und Vollkaskoversicherung

Reist man durch Europa und einige angrenzende Staaten, wie Marokko und Tunesien, sind mögliche Unfallschäden durch die Haftpflicht bzw. Vollkaskoversicherung abgedeckt. Da auch betagtere Reisemobile oft einen hohen Wert besitzen, halte ich eine Vollkaskoversicherung für sehr sinnvoll.

Wer in die Türkei reist und den Bosporus überquert, befindet sich bereits in Asien und benötigt eventuell eine separate Kurzhaftpflichtversicherung.

Wer andere Kontinente bereisen möchte, muss sein Fahrzeug meist verschiffen und kann häufig über das Unternehmen, welches die Verschiffung organisiert, eine Kfz-Versicherung für das Zielgebiet abschließen.

Krankenversicherung

Da wir mit unseren Arbeitgebern ein Vertrag zur Durchführung eines Sabbaticals abgeschlossen hatten, bei dem wir Überstunden angesparten, die während des Sabbaticals abgebaut wurden, lief unsere Krankenversicherung wie bisher weiter. Allerdings ist es ratsam, eine Zusatzversicherung für Langzeitreisen abzuschließen. Die Auslandsversicherung übernimmt jene Kosten, die von der Krankenversicherung nicht übernommen werden: Beispielsweise, wenn ein Krankenhausaufenthalt im Ausland kostspieliger ist als in Deutschland. Eine solche Versicherung ist jedoch nicht ganz günstig und kann je nach Versicherungsunternehmen, Reiseziel und Alter der/des Reisenden eine vierstellige Summe kosten. Wir wechselten vor Beginn der Reise zur TK-Versicherung, da man über diesen Anbieter eine Auslandskrankenversicherung abschließen konnte, die pro Person und Tag nur 0,89 € kostet (Stand 1/2023), was im Vergleich mit anderen Anbietern von der Stiftung Warentest als sehr günstig bewertet wurde.

Telekommunikation

Für eine Langzeitreise benötigt man Mobilfunkverträge mit höherem Datenvolumen.

Wir haben Verträge bei Anbietern abgeschlossen, die das Netz der Telekom nutzen. Dies war deutlich günstiger, als direkt über die Telekom Verträge abzuschließen.

Warum haben wir uns für das Telekom-Netz entschieden? In dem Kleingedruckten der anderen Netzanbieter war das Roaming nur für einen begrenzten Zeitraum zulässig. Diese Einschränkung wurde in den Verträgen der Telekom-Anbieter nicht so deutlich genannt.

Wir haben Mobilfunkverträge mit unterschiedlichen Anbietern abgeschlossen. Das hat zwei Gründe: Wenn ein Anbieter doch irgendwann Roaming-Zuschläge verlangt, können wir auf eine andere Karte zurückgreifen. Neben SIM-Karten mit Vertrag nutzen wir auch Prepaid-Karten, die genutzt werden können, wenn das monatliche Datenvolumen der Hauptkarte aufgebraucht ist.

Ein Vertragsmodell finde ich besonders interessant: Bei dem Anbieter Fraenk, einer Congstar Tochter, bekommt man für 10 Euro pro Monat 7 GB Datenvolumen, welches sich durch die Akquise weiterer Nutzer auf bis zu 12 GB aufstocken lässt (Stand 1/2023). Ist dieses Datenvolumen verbraucht, kann man zu moderaten Preisen weiteres hinzubuchen.

Grundausstattung und Staufächer

Das Campmobil bietet bereits serienmäßig eine sehr gute Campingausstattung. Zwei sehr bequeme verstellbare Campingstühle, können im Zwischenboden verstaut werden und ein Klapptisch wird hinter dem Küchenblock montiert. Zusätzlich haben wir noch zwei Campinghocker angeschafft, die ebenfalls im Unterboden Platz finden. Sie dienen als zusätzliche Sitzgelegenheiten, wenn Gäste zu Besuch sind und sie besitzen noch weitere wichtige Funktionen: In Kombination mit dem Campingstuhl hat man eine bequeme Campingliege. Zusätzlich lassen sich auf den Hockern kleine Tischplatten auflegen, um Getränke, Speisen oder einen Außenkocher abzustellen.

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Probewohnen

Gereinigt und mit neuen Sommerreifen war das Fahrzeug fit für ein erstes Probewochenende. Ich hatte zwar gleich nach dem Kauf zwei Nächte im Bus verbracht und bei Temperaturen unter 10 Grad die Standheizung testen dürfen, eine Campingtour hatten wir jedoch noch nicht unternommen.

Unser erstes Campingwochenende führte uns nach Sachsen-Anhalt, auf einen Campingplatz in der Nähe der Elbe. Es war traumhaftes Sommerwetter. Wir fuhren über schmale Straßen, schattige Alleen und durch dünn besiedelte Landschaften. Der Möbelbau im Heck des Fahrzeugs erwies sich als grundsolide verarbeitet. Nichts  knarzte oder rappelte. Und wenn doch etwas zu hören war, lag es an schlecht verstautem Gepäck.

Gut funktioniert der Möbelbau: Während der Fahrt ist kein Knarzen zu hören

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