März 2014
Vor der Reise haben wir uns natürlich auch Gedanken gemacht, was so alles passieren könnte, von Unfällen über Krankheiten bis hin zu anderen negativen Erlebnissen und Ereignissen. Auch von anderen Menschen wurden wir häufig mit der Frage konfrontiert, was macht ihr wenn …
Und wir wurden besonders vor möglichen Einbrüchen und Diebstählen gewarnt. Fast jeder kannte jemand, dem so etwas passiert war.
Für manches haben wir eine zusätzliche Versicherung abgeschlossen. Zwar habe ich nicht damit gerechnet, dass alles glattgehen würde, aber trotzdem bin ich relativ angstfrei auf diese Reise gegangen, mit der Zuversicht, es wird schon werden, bzw. das sehen wir dann. Und dann … ist 11 Monate nichts von all dem passiert. Ein absolutes Wunder: Das Auto, unser Zuhause, ist heil geblieben, wir hatten keinen Verkehrsunfall, trotz manch spezieller Fahrweise in Ländern wie Italien oder Portugal.
Wir hatten abgesehen von kleineren Stürzen beim Radfahren und Wandern keine Unfälle und waren fast immer gesund. Und haben auch die Angriffe der Raubmöwen in Norwegen überlebt.
Wir sind nicht überfallen worden, niemand hat uns bedroht, uns wurde nichts gestohlen. Im Gegenteil: In Sevilla hatte ich mein Portmonee mit allen Karten verloren. Unbemerkt, bis ich vor einem Museum von einem Mann angesprochen wurde, mit der Frage, ob dies mein Geldbeutel sei. Er hatte mich anhand des Fotos im Ausweis gesucht und gefunden. Welch ein Glück. In allen bereisten Ländern sind wir unzähligen freundlichen, hilfsbereiten und sehr interessanten Menschen begegnet und negative Begegnungen lassen sich an einer Hand abzählen. Wir wurden von Einheimischen und anderen Reisenden teils ungefragt mit Reisetipps und Informationen über Land und Leute versorgt. Und auch mit dem Angebot, sich in Notfällen jederzeit melden zu können.
Dadurch, dass wir die Serviceeinrichtungen der Plätze wie Sanitäranlagen und Abwaschplätze immer genutzt haben und oft draußen gekocht und gegessen haben, sind wir mit vielen anderen Menschen in Kontakt gekommen.
Beim Abwaschen, in den Waschgebäuden, in der Sauna ergab sich so manches interessante Gespräch.
Viele Menschen waren überraschend offen und haben uns sehr persönliche Dinge erzählt, über die wir gestaunt haben. Vielleicht entstand diese Offenheit gerade im Bewusstsein, dass es nur einmalige Kontakte waren.
So haben wir z.B.erfahren, wie es ist, ohne Geld den Jakobsweg zu gehen und immer auf das Wohlwollen und die Spenden andere angewiesen zu sein.
Wie es ist als Kanadierin mit dem Moped Europa zu erkunden; wie man sich als Familie eine Existenz in Sardinien aufbaut.
Wir haben immer einen Übernachtungsplatz gefunden und haben uns auf unseren über 160 Schlafplätzen bis auf ein zwei Ausnahmen immer sicher gefühlt.
Das Leben auf den unterschiedlichen Übernachtungsplätzen war sehr abwechslungsreich, manchmal herausfordernd, manchmal entspannt. Selten allerdings luxuriös, insbesondere was die sanitären Anlagen betrifft. Auf jeden Fall wissen wir nach der Reise, in welch kurzer Zeit man auch im stockdunkeln Gebäuden oder auch Außen, bei eisiger Kälte oder ohne einen Haken für Kleidungsstücke duschen kann und dass ein Blick in die Toiletten nach vorhandenem Klopapier sich lohnt.
Besonders genossen haben wir die Plätze mit viel Grün, unter Bäumen, in Orangenplantagen, in den Bergen, am Meer, an Flüssen und Seen und in den verschiedenen Nationalparks in Estland, Lettland und Polen. Gewöhnungsbedürftig waren die Plätze in den Städten und reine Stellplätze, wo Campingverhalten verboten war und wo dies auch aufgrund der Enge gar nicht möglich gewesen wäre. Dort kamen wir uns manchmal zwischen all den riesigen Mobilen mit unserem kleinen Bus sehr eingequetscht vor.
Überraschend oft waren wir die einzigen Camper, besonders in den ersten Monaten und auch am Ende der Reise. In Norwegen, besonders auf den Lofoten, in Frankreich und im Süden Spaniens waren die Plätze teils überfüllt und die Enge dort hat uns gar nicht gefallen. Aus diesem Grund haben wir uns auch nicht vorstellen können auf solchen Plätzen mehrere Wochen zu verbringen oder gar zu überwintern, was ursprünglich auch eine Idee von uns war.
Während der Reise habe ich mich oft gefragt, wie wäre eine solche Tour ohne Internet oder wie wäre sie noch vor 10 oder gar 20 Jahren verlaufen. Eine Reise ohne Navi, ohne Online Reiseführer, ohne Recherchemöglichkeiten zu Übernachtungen und Reisezielen, ohne den Blog und ohne Apps für Stellplätze, Wetter, Pflanzen und Vogelbestimmung beispielsweise. Kaum vorstellbar. Auch die Kontakte zur Familie und zu Freunden wären von unserer Seite viel eingeschränkter möglich gewesen. Vielleicht hätten wir ab und an mal telefoniert oder auch mehr Karten und Briefe geschrieben.
Aber uns hätten auch all die vielen Informationen zum Weltgeschehen während der Reise nur eingeschränkt erreicht. Weltpolitisch gesehen war es kein gutes Jahr und mich haben all die vielen schlechten Nachrichten oft bewegt und hilflos gemacht. Gerade dieser Punkt hat bei mir manchmal den Wunsch geweckt, Tage ohne Internet zu verbringen, was mir dann auch wieder schwerfiel.
Wir haben zwar während der Reise viele interessante Städte besucht, aber für mich war das Besondere das Leben in der Natur. Unzählige Stunden bei Wind und Wetter, überraschend oft bei Sonne, draußen zu verbringen, frische Luft zu atmen und die Umgegend wahrzunehmen, kann sehr erholsam sein. Die vielen Wanderungen an der Küste in Ländern wie Portugal, Spanien und Frankreich, durch die Moore in Estland, auf Berge in Norwegen und Spanien waren die Highlights der Reise.
Und auch die Begegnungen und das Beobachten der vielen Weidetieren und der unterschiedlichen Vögel haben mich begeistert. Im und am Bus wurden wir von Katzen, Hunden, Eseln, Pferden, Schwänen und Störchen besucht.
Und auch wenn der erste Elch, den wir gesehen haben, das erste Rentier, der erste Storch, Geier oder Flamingo immer was Besonderes ist, hatte auch das Entdecken der weiteren Artgenossen seinen Reiz. Nur die angekündigten Bären in Nordspanien ließen sich nicht blicken, was wohl auch besser so war.
Oft haben wir von Menschen gelesen und gehört, die nach einer solchen Reise ihr ganzes Leben umgekrempelt haben und alles Mögliche verändert haben. Danach sieht es bei uns zunächst nicht aus, aber sicher werden die Erfahrungen der Reise auch unseren Alltag verändern. Ich bin gespannt, wie uns der Einstieg in den Alltag gelingen wird. Bleiben wird auf jeden Fall das Erstaunen und die Dankbarkeit darüber, dass alles gut gegangen ist und die Erkenntnis, es war gut eine solche Reise zu wagen.