Andere Weihnachten

24. bis 26. Dezember 2023

Über kaum ein anderes Thema hatten wir in den vergangenen Wochen so häufig gesprochen, wie über das bevorstehende Weihnachtsfest. Da waren wir monatelang durch teilweise abgelegene Gebiete Europas gefahren, aber bei dem Gedanken an das Weihnachtsfest wurde uns mulmig; schon seltsam.

Campingplatz in Zahora am Weihnachtsmorgen

Aber am 24. Dezember wurde dann doch alles gut. Es war ein Heiliger Abend, der vollkommen anders war. Zu Hause ist die Weihnachtszeit neben der Vorfreude auch immer mit Stress verbunden. Aber hier hatten wir tatsächlich Zeit, um ein besinnliches Weihnachtsfest zu feiern. Beim Frühstück hörten wir eine Radiosendung des Vereins »Andere Zeiten« und danach haben wir einen langen Spaziergang am Strand gemacht und auch über die Unterschiede zu unseren bisherigen Weihnachtserfahrungen gesprochen. Langsam trudelten auf den Smartphones Nachrichten von Familie und Freunden ein und so gab es auf diese Weise eine Verbindung in die Heimat.

Unser Fernfahrer-Weihnachtsbäumchen war schnell installiert und die aus Portugal stammende Korkkrippe aufgestellt, so ganz haben wir auf bewährte Traditionen nicht verzichten.

Improvisierte Weihnachtsdeko im Bus

Wir breiteten – wie sonst in der Heimat – ein Fondue zu, welches wir draußen im Zelt bei angenehmen Temperaturen und Weihnachtsmusik aßen. Dank des während der Pandemie geübten Umgangs mit digitalen Übertragungswegen mussten wir auch nicht auf den Live-Kontakt mit unseren Söhnen verzichten.

Improvisiertes Weihnachts-Fondue im Zelt

Es wäre schön, wenn man die Ruhe dieses Weihnachtsfestes mit der Stimmung des heimischen Weihnachtsfestes verbinden könnte.

Wir freuen uns jedoch mehr als sonst auf das nächste Weihnachtfest, das wir hoffentlich wieder zusammen mit der Familie verbringen können.

Das Camera-Obscura-Projekt

Schon seit mehr als zehn Tagen befinden wir uns in Zahora, länger haben wir uns auf dieser Reise noch an keinem Ort aufgehalten. Es bleibt Zeit, wieder intensiver mit der Camera Obscura zu fotografieren.

Im Umkreis um den Ort waren interessante Motive zu finden: Geschlossene Strandbars und die Ruine der Ermitage San Ambrosio.

Die weißen Dörfer

Zwischen Cádiz und Málaga liegen die weißen Dörfer. Auch in der Nähe von Zahora finden sich diese weiß getünchten Ortschaften. Eine von ihnen trägt den Namen Vejer de la Frontera und sie befindet sich einige Kilometer vom Meer entfernt auf einem Hochplateau im Landesinneren. Wir haben uns mit den Fahrrädern 200 steile Höhenmeter hochgearbeitet, um den Ort zu besuchen, dessen historisches Stadtzentrum von einer zwei Kilometer langen Stadtmauer umgeben ist.

Das Castille, eine maurische Burg aus dem 10. Jahrhundert befindet sich auf dem höchsten Punkt der Altstadt. Die weißen Gebäude in den steilen Gassen bildeten einen tollen Kontrast zu dem strahlend blauen Himmel. Die kubischen Formen der Gebäude bilden wunderschöne Kompositionen, die sich je nach Blickwinkel ständig verändern. Man merkt an dem Baustil, dass Afrika nicht weit entfernt ist.

Unterwegs …

… trifft man immer wieder auf Hinweise der Anwohner auf die große Wasserknappheit in der Region. Wieder ein Hinweis auf den Klimawandel, auf die wir auf unserer Reise häufig stoßen.

Und dann war da noch …

… eine mutige Schwimmerin, die ein Weihnachtsbad im Atlantik genommen hat.

Langzeitreise im Advent

20. Dezember 2023

Zum Ende der Adventszeit ein kleiner Rückblick über die letzten Wochen.

Weihnachtsbeleuchtung in Tavira

Wir waren sehr gespannt, wie wir diese Zeit fern der Heimat erleben würden. Und uns bewegten Fragen wie:

  • Wollen wir versuchen Ähnliches in Spanien zu finden wie zu Hause (Konzerte, Plätzchen, Gottesdienst) oder verzichten wir auf Gewohntes und auf viele Rituale, die für uns mit dieser Zeit verbunden sind und versuchen die Zeit mit Anderem zu füllen?
  • Was sollte ein Campingplatz zu Weihnachten bieten?
  • Woher bekommen wir Impulse für diese besonderen Tage?
Krippe der Iglesia De Santiago Apostel in Cadiz

Auf jeden Fall haben wir in diesen Tagen das Zusammensein mit anderen, den Kindern, der Familie und Freunde mehr vermisst als sonst und waren in Gedanken auch mehr zu Hause.

Schön war, dass uns der Adventskalender »Andere Zeiten« zugeflogen ist. Er begleitet uns schon viele Jahre durch die Adventszeit und erfreut uns ebenso mit seinen Texten wie die Nachrichten, die uns in dieser Zeit von der Familie und Freunden erreicht haben. Auch auf Musik müssen wir Dank Spotify nicht gänzlich verzichten, auch wenn ein echtes Konzert sicherlich bewegender ist.

Bei jedem Campingplatz, auf dem wir in den letzten Wochen standen, haben wir uns gefragt, wäre der was für die Weihnachtstage? Wir sind froh in Zahora einen Platz gefunden zu haben, der passt. Eher klein und ruhig, 500 Meter vom Meer entfernt unter Pinien mit einem schönen Hinterland, das zum Spaziergängen einlädt, gutes Internet, um mit der Heimat in Verbindung zubleiben und es gibt EINEN kleinen, aber gut sortierten Lebensmittelladen.

Unser Weihnachtscamp in Zahora

Zwar liegen die weißen Dörfer Spaniens in der näheren Umgebung, aber im Reiseführer wird die Gegend nur für Menschen empfohlen, die etwas mit ihrer Zeit anzufangen wissen.

Innenstadt von Vejer de la Frontera

Und so erleben wir seitdem wir hier sind eine eher ruhige und entspannte Zeit. Nach und nach trudeln hier immer mehr Menschen ein. Viele kommen aus Deutschland, um hier Weihnachten zu verbringen und haben allerlei Deko dabei. Das reicht vom Tannenbaum über Lichterketten und viele schmücken ihr mobiles Zuhause mit Zweigen. Wir improvisieren eher.

Unsere Weihnachtsdeko im Bus

Und schauen, was machen denn die Spanier so zu Weihnachten? Auf jeden Fall kaufen sie Lose für die Weihnachtslotterie. Und das haben wir auch getan und sind nun gespannt auf den 22.12., dem Tag der Ziehung und auf Weihnachten. Mal sehen, ob wir »El Gordo«, »Den Dicken« knacken. Falls ja, werdet ihr es daran merken, dass wir uns ein größeres Wohnmobil kaufen und damit den Rest der Welt erkunden.

Los für die spanische Weihnachtslotterie

Wir möchten allen Leser*innen, die unseren Block so regelmäßig verfolgt haben, eine frohe Weihnachtszeit wünschen.

Krippe in der Iglesa de Nustra Señora de las Angustias in Ayamonte

Besuch bei Osborne

10. bis 13. Dezember

El Puerto de Santa Maria

Nach dem Trubel in Sevilla zog es uns wieder an die Küste. Wir wählten einen Campingplatz direkt am Meer im Ort El Puerto de Santa Maria, auch weil man von dort aus die Möglichkeit hat mit einem Schiff nach Cadiz zu fahren.

Der schöne Campingplatz von El Puerto de Santa Maria

El Puerto liegt an der Mündung des Rio Guadalete in der Bucht von Cadiz. Auf der einen Seite der Mündung findet man die uns schon bekannte Lagunenlandschaft vor, die wir wieder mit den Fahrrädern erkundet haben. An der anderen Seite des Ortes hat man Zugang zum Meer mit seinen vielen Sandstränden, die im Sommer vor allem bei spanischen Touristen beliebt sind.

Die Innenstadt von El Puerto de Santa Maria

Doch eine wichtige Besonderheit hätten wir fast verpasst: El Puerto, wie die Stadt von den Einheimischen genannt wird, liegt an der südlichen Spitze des »Sherry-Dreiecks«. Mehrere bedeutende Sherry-Produzenten haben hier ihre Bodegas, wie die Weinkeller genannt werden.

Osborne

Im Jahr 1772 gründete der Engländer Thomas Osborne in Cadiz die gleichnamige Sherry-Kellerei. Rund 50 Jahre später zog die Firma nach El Puerto de Santa Maria, wo die Produktionsbedingungen ideal sind. Die Weinanbaugebiete befinden sich in der Nähe, die klimatischen Bedingungen sind gut und die Sherryfässer konnten von hier direkt verschifft werden.

Obwohl wir uns bereits seit einigen Tage in El Puerto de Santa Maria aufhielten, hätten wir den Besuch bei Osborne beinahe verpasst. Erst einen Tag vor unserer geplanten Weiterreise kamen wir zufällig an den riesigen Sherry-Lagerhallen vorbei und recherchierten am Abend, ob ein Besuch der Kellerei möglich wäre. Leider schienen für den nächsten Tag alle Termine ausgebucht zu sein. Wir fuhren am nächsten Morgen trotzdem zum Besucherzentrum. Und siehe da, es war überhaupt kein Problem an einer Führung teilzunehmen, da sich bislang nur drei Personen angemeldet hatten.

Wir sind froh, dass wir diese Führung nicht verpasst haben, denn sie war wirklich interessant. Zunächst besuchten wir eine der riesigen Hallen der Kellerei. Hier lagern die Fässer, die aus amerikanischer Eiche hergestellt werden und rund 160 Jahre lang genutzt werden können. In ihnen reifen 500 bis 600 Liter trockener Weißwein, meist aus der Palomino Traube, zu köstlichem Sherry.

Die Lagerhallen wirken wie Kirchenschiffe und dies ist keineswegs ein Zufall. In den hohen Räumen herrscht ganzjährig eine ziemlich gleichmäßige Temperatur und Luftfeuchte, was für die Reifung des Sherrys wichtig ist.

Durch unterschiedliche Reifeprozesse entstehen trockene bis süße Sherrys, die als Aperitif, zu unterschiedlichen Speisen oder nach der Mahlzeit getrunken werden.

So richtig berühmt wurde die Firma Osborne ab dem Jahr 1956, als sie den Designer Manolo Prieto beauftragten, ein neues Firmenlogo zu entwerfen. Das neue Logo wurde der berühmte Stier, der in den folgenden Jahren in immer größeren Dimensionen an Spaniens Straßen aufgestellt wurde.

Die Höhe der aktuellen Stiere, die aus Stahlblech gefertigt sind, beträgt 14 Meter. Zwischenzeitlich ist dieses Logo so bekannt, dass der schwarze Stier für viele Menschen Spanien symbolisiert.

Zum 50. Geburtstag des Stiers durften ihn Künster*innen gestalten

Eigentlich verbietet eine EU-Verordnung, dass solch große Werbeschilder heute an Straßen aufgestellt werden, weil die Gefahr besteht, das die Fahrer*innen dadurch abgelenkt werden. Spanien klassifizierte die Tafeln jedoch als Symbol von nationaler Bedeutung und daher dürfen die überdimensionalen Stiere bis heute an den Straßen stehen.

Nach der Einführung des Stier-Logos entwickelte sich das Familienunternehmen Osborne rasant und unter dem Dach der Firma werden heute eine Vielzahl von Spirituosen vermarktet. Auch der Stier selbst prangt auf Kleidungsstücken und Merchandise Artikeln.

Nach der Theorie ging es in die Praxis: Um 11 Uhr vormittags warteten fünf gut gefüllte Sherrygläser auf uns. Nach dieser Verkostung konnten wir unmöglich weiterfahren und verlängerten auf dem Campingplatz um eine Nacht.

Cadiz

Von El Puerto de Santa Maria, fuhren wir mit dem Linienschiff nach Cadiz.

Der Legende nach soll Cadiz von Herakles gegründet worden sein. Geschichtlich gesichert ist, dass die günstige Lage von phönizischen Kauffahrern erkannt wurde und diese hier einen Stützpunkt gründeten. Damals lag Cadiz noch auf einer Insel. Erst im 17. Jahrhundert entstand die Verbindung mit dem Festland.

Wer geschichtlich interessiert ist, sollte die Stadtgeschichte auf Wikipedia nachlesen. Wegen der strategisch wichtigen Lage gaben sich hier alle bedeutenden Kulturen des Altertums »die Klinke in die Hand«.

Castillo de San Sebastian

In einem Artikel der Zeitung »Welt« schrieb die Autorin Annette Prosinger: »Cadiz müsste es auf Rezept geben: Das Licht in der spanischen Stadt am Atlantik wirkt wie ein Antidepressivum. Man muss Cádiz für vieles rühmen, am meisten aber für sein Licht. Als gäbe es hier mehr als eine Sonne, als hätte der Himmel Scheinwerfer auf diese Stadt geworfen, als wäre der Atlantik, der sie umgibt, mit nichts anderem beschäftigt, als diesen Glanz zu verdoppeln, verzehn-, verhundertfachen.«

Wir sind einen Tag durch die Stadt flaniert und können die Besonderheit dieses Lichtes nur bestätigen.

Plaza de San Juan de Dias

Sevilla

7. bis 9. Dezember

Der Zeitpunkt für einen Sevilla-Besuch war von uns nicht besonders klug ausgesucht. Der 6. und 8. Dezember sind in Spanien Feiertage und in Verbindung mit dem Wochenende ergaben sich so einige Brückentage, die von vielen Spaniern für einen Kurzurlaub oder eine Städtereise genutzt wurden. Entsprechend voll war es in Sevilla. Zeitweilig entstand ein regelrechtes Weihnachtsmarkt-Feeling, nur dass es hier keinen Weihnachtmarkt gab und die vielen Menschen die gesamte Innenstadt füllte.

Vor vielen Tapas-Bars und Restaurants warteten die Besucher geduldig in langen Schlangen darauf, einen Platz zu erhalten. Die Tickets für den Besuch des Königspalasts Alcazar waren ausgebucht. Schade, ist es doch einer der wichtigsten Programmpunkte eines Sevilla-Besuchs.

Aber die Feiertagsstimmung hatte auch einige Vorteile, so zogen viele Musiker durch die Innenstadt und auf den Plätzen und in den Parks traten Flamencotänzer und andere Künstler auf

Wir besuchten die abendliche Messe vor dem Feiertag Mariä Empfängnis in der Kathedrale von Sevilla. Die Liturgie unterscheidet sich stark von einem evangelischen Gottesdienst in Deutschland. So gab es in der Messe keinerlei Musik oder Gesang und leider verstanden wir von der Predigt und den Bibellesungen nur wenige Fragmente.

Metropol Parasol

Ein Highlight war der abendliche Besuch des Metropol Parasol, einer riesigen pilzförmigen Konstruktion aus Holz, Stahl und Beton, welche vom Architekten Jürgen Mayer H. entworfen wurde und deren Formen sich an den Birkenfeigenbäumen orientiert, die man in der Stadt vorfindet.

Errichtet wurde das 150 Meter lange und 26 Meter hohe Bauwerk an der Stelle einer ehemaligen Markthalle. Verbaut wurden 3500 Kubikmeter Furnierschichtholz und 700 Tonnen Stahl. Holz wurde unter anderem deshalb verwendet, weil der Untergrund nicht sehr tragfähig ist. Unter dem Metropol Parasol befinden sich die Fragmente römischer Bauwerke. Anfangs wurde das Design sehr kontrovers diskutiert, mittlerweile ist es jedoch zum Wahrzeichen der Stadt geworden.

Man kann die Parasol-Dächer über geschwungene Wege überqueren und hat von dort oben einen wunderbaren Blick über die Stadt. Die meisten Besucher möchten natürlich bei Sonnenuntergang auf die Dächer und als wir unsere Karten für diesen Zeitraum buchen wollten, waren noch genau 2 Stück verfügbar. Wir hatten also richtig Glück. Die Ticketpreise wurden in den vergangenen Jahren kräftig angezogen, aber der Besuch lohnt sich auf jeden Fall.

Es ist unbeschreiblich bei klarer Sicht die Stadt in Dämmerungsphase von oben zu betrachten. Wenn die Sonne untergegangen ist, wird die Dachkonstruktion mit staken LED Lampen beleuchtet. Die Beleuchtung, deren Farbe sich an der des Himmels und der Stadt orientiert, mäandert langsam über die Pilz-Dächer.

Fast zwei Stunden haben wir uns auf den Dächern aufgehalten.

Sehr empfehlenswert ist auch ein Streifzug durch das Viertel Triana, welches am westlichen Ufer des Flusses Gudalquivir liegt. Dort findet man zahlreiche kleine Geschäfte, wo man wunderschöne Kacheln und Töpferwaren erstehen kann. Auch viele kleine Bars und Cafés haben sich dort angesiedelt. Wir haben im Internet einen Tipp anderer Reisenden gefunden und dort wunderbaren glutenfreien Kuchen gegessen.

Kein Kuchen, aber die überall gegenwärtigen Schinken …

Centro Andaluz de Arte Contemporaneo

Ein weiteres Highlight war der Besuch des Andalusischen Zentrums für zeitgenössische Kunst. Schon der Ort, in dem sich das Museum befindet, ist absolut sehenswert. Es ist das ehemalige Kartäuserkloster Monaasterio de la Cartuja, welches im 19. Jahrhundert zur Porzellanfabrik umgewandelt wurde. Zur Expo 92 war es Mittelpunkt der Weltausstellung.

Wir konnten bei unserem Besuch zwei beeindruckende Sonderausstellungen sehen. Eine Ausstellung der Künstlerin Malgorzata Mirga-Tas, die sich in ihren genähten Bildern und Objekten mit der Kultur und dem Leben der Roma in ihrer Heimat bei Czarna Gora auseinandersetzt.

Die zweite Sonderausstellung widmete sich der Estampa Popular, einem über ganz Spanien verteilten Künstlernetzwerk, dessen Ursprung 1959 in Madrid lag. Die Künstler*innen nutzten überwiegend Linol- oder Holzschnitttechniken, um eine künstlerische Gegenposition zum diktatorischen Franko-Regime zu formulieren.

Das Regime versuchte alle freien Meinungsäußerungen zu unterdrücken, deshalb mussten die künstlerischen Aktivitäten im Verborgenen stattfinden. Selten haben wir gesellschaftskritische und politische Kunst gesehen, die uns derart beeindruckt hat.

An einigen Tagen und zu bestimmten Zeiten ist der Besuch des Centro Andaluz de Arte Contemporaneo übrigens kostenfrei. Wir erwähnen dies, da der Eintritt in Museen oder kulturelle Denkmäler in Südeuropa die Reisekasse oft erheblich belastet.

Isla Christina

4. bis 6. Dezember 2023

Kurz hinter der spanischen Grenze steuern wir die Stadt Isla Christina an. Als schön kann man diesen Ort nicht bezeichnen, aber er besitzt den herben Charme eines geschäftigen Fischereihafens.

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Er gilt als der wichtigste Hafen in Andalusien und aufgrund seiner großen Fangflotte als einer der bedeutendsten Fischereihäfen Spaniens.

The port is shelter, refuge in the storm, hug of the mother, kiss of the wife and the smile of a son when his father is back with his skin weather-beaten by salt and wind. This is not just another port.

Zitat Infotafel im Hafen von Isla Christina

Eine Flotte von 258 Booten ist hier stationiert. Sie fangen unter anderem Garnelen, Hummer, Seehecht, Sardinen und Muscheln. Der Fang wird auf nationalen und internationalen Märkten angeboten.

Tongefäße in denen Oktopusse gefangen werden

Jeden Tag finden hier Fischauktionen statt. Eigentlich ist es Besuchern nicht erlaubt die Aktionen zu besuchen, wir haben jedoch höflich gefragt und konnten das geschäftige Treiben live verfolgen. Meist legen die Fischtrawler bereits in der Nacht an. Dann werden die Fische entladen, sortiert und in mit Eis gefüllten Kisten gelagert. Das Eis wird in der örtlichen Eisfabrik produziert.

Auf Monitoren wird die Fischart, das Gewicht und der Startpreis angezeigt. Anders als bei Kunstauktionen, startet man hier mit einem hohen Preis, der dann rasant fällt. Sobald einer der Einkäufer den Knopf auf seinem Transponder drückt, wird der Preis gestoppt und der Bietende erhält den Zuschlag. Die Einkäufer müssen also abwägen wie lange sie dem Preisverfall zusehen. Warten sie zu lange, schnappt ihnen ein anderer Käufer den Fisch vor der Nase weg. Nachdem das Gebot abgegeben wurde, fällt automatisch die Rechnung in die Fischkiste, welche dann für den Weitertransport in Kühllaster gebracht wird. Es ist schon sonderbar diesen nicht endenden Strom von Kisten zu verfolgen, die mit tausenden von Meerestieren gefüllt sind: Mehresbewohner in unterschiedlichen Größen, Formen und Farben, deren Namen wir meist vorher noch nie gehört haben.

Die Preise, die für den Verkauf der Meerestiere erzielt werden, kamen uns erstaunlich gering vor, wenn man vergleicht, was man im Restaurant oder an der Fischtheke dafür bezahlt.

Leider darf man während der Auktion nicht fotografieren, worauf ich dann bald hingewiesen wurde. Daher kann ich nur diese beiden Aufnahmen zeigen, welche die interessante Auktion jedoch nur ansatzweise dokumentieren.

Auch das Treiben im Hafen ist spannend. Hier legen ständig Fischerboote an, denen große Schwärme von Möven folgen, die auf die Reste des Fangs hoffen. Im Hafen kann man Männer beobachten, welche die riesigen Netze oder die Boote reparieren.

Im Sommer ist Isla Christiana auch bei Touristen beliebt, denn es gibt hier einen breiten Sandstrand. Aktuell ist jedoch eher Schmuddel- als Badewetter. Wir machen daher mit den Rädern einen Ausflug durch die Lagunenlandschaft, wo wir wieder auf Flamingos, Störche, Löffler und viele andere Vogelarten treffen. Man müsste sich viel Zeit nehmen, um die sehr scheuen Vögel fotografieren zu können.

Der Weg führt entlang einer alten Bahntrasse nach Ayamonte, ein Ort der am Grenzfluss Guadiana liegt. Von hieraus verkehrt eine Fähre auf die portugiesische Seite.

Auf dem Rückweg entdecken wir zwei Gezeitenmühlen. Sie nutzen eine uralte Technik, die heute wieder sehr modern wirkt. Man nutzte an vielen Stellen der spanischen und französischen Küsten die Gezeiten, um Mühlsteine anzutreiben. Das herein- und herausströmende Wasser trieb Schaufelräder an und dies zuverlässig jeden Tag.

Das Camera Obscura Projekt

Der Anker-Friedhof

1. bis 3. Dezember

Wir haben den Ort Tavira unweit der spanischen Grenze erreicht. Ein Ort, der in unserem Reiseführer kaum Erwähnung fand, uns jedoch sehr positiv überraschte. Dazu später jedoch mehr.

In Tavira treffen wir auch wieder auf den Europa-Radweg Nr. 1, der an der Süd-West-Spitze Portugals startet und bei Vila Real de Santo Antonio die Grenze nach Spanien überquert.

Wir folgen dem Weg in zwei Richtungen. An einem Tag bis Santa Luzia und am nächsten bis Casela Vela.

Die Strecke nach Santa Luzia ist nicht sehr lang und kann leicht mit dem Fahrrad bewältigt werden. Santa Luzia ist ein reizvolles Fischerörtchen, welches dafür bekannt ist, dass die Fischer hier besonders viele Oktopusse fangen.

Hierfür werden traditionell amphorenartige Tongefäße verwendet, die mit einem Köder bestückt sind. Der Tintenfisch kann sich durch die Öffnung zwängen, kommt aber nicht wieder hinaus. Heute werden anstelle der Tongefäße meist Fallen aus Kunststoff verwendet.

Fährt man weiter, erreicht man kurz hinter dem Ort eine Fußgängerbrücke, die zum Strand Praia do Barril führt.

Auf dieser vorgelagerten Sanddüne befindet sich der Friedhof, auf dem 248 Anker aufgereiht wurden.

Was hat es damit auf sich?

Lange Zeit wurde an der Algarve der rote Thunfisch gefangen. Man setzte für die Thunfischjagt große Stellnetze ein. Diese Stellnetze wurde mithilfe der Anker am Meeresgrund fixiert. Konnte man 1881 auf diese Weise noch 43000 Thunfische fangen, waren es 1960 nur noch 500. In den 70er Jahren hatte man den roten Thunfisch entlang dieses Küstenbereiches komplett ausgerottet und die Stellnetze wurden abgebaut.

Wie man die Thunfische mithilfe der Stellnetze fing

Die Anker lagerte man am Strand, wo sie langsam verrosteten. Später richtete man in den ehemaligen Fischerhäuschen ein Freilichtmuseum ein und reihte die Anker auf einer Düne auf.

Wer möchte, kann sich mit einer kleinen Schmalspurbahn zum Praia do Barril fahren lassen. Sie pendelt zwischen der Brücke und dem Freilichtmuseum hin und her.

Auf unserer nächsten Tour nach Casela Vela konnten wir am 1. Advent bei strahlendem Sonnenschein einen kleinen Weihnachtmarkt besuchen, auf dem regionalen Produkte angeboten werden.

Auch Tavaira, die Stadt, in der wir uns für einige Tage aufhalten, ist weihnachtlich geschmückt. Die gesamte Innenstadt ist sehr geschmackvoll beleuchtet. Da haben wir in der letzten Zeit schon ganz andere Beispiele gesehen.

Weihnachten rückt immer näher und die festliche Beleuchtung, sowie die geschmückten Geschäfte erzeugen bei uns ein mulmiges Gefühl. Wie wird es uns an Weihnachten ergehen? So ganz ohne die Kinder und die Familie. Auch liebgewonnene Traditionen der Vorweihnachtszeit fehlen. Wir sprechen viel darüber wie dieses Weihnachtsfest für uns in der Fremde wohl werden wird. Kathrin beginnt Weihnachtssterne zu falten, um im Bus zumindest ein wenig vorweihnachtliche Stimmung zu zaubern.

Das Fado-Projekt

Und ja, auch unser Fado-Projekt können wir hier fortsetzen. Gleich bei unserem ersten Stadtrundgang stolpern wir über einen Aufsteller, der zu einem Fado-Abend einlädt. Dieser Einladung folgen wir ganz spontan und erleben erneut eine Aufführung, die ganz anders ist, als die vorhergehenden. Fado ist einfach unglaublich facettenreich.

Es ist unser letzter Fado-Abend, denn wir verlassen Portugal und überqueren der Grenzfluss Guadiana in Richtung Spanien. Fast sechs Wochen haben wir in Portugal verbracht: Viel Zeit für ein kleines Land, wo wir viele schöne Städte und Landschaften kennengelernt haben aber auch häufig von Sturm, Regen und Kälte überrascht wurden.

Überwintern an der Algarve?

24. bis 30. November 2023

In Portugal sind wir in der südlichsten Region angekommen und wir stellen uns die Frage, wie soll es nun weiter gehen. Ist dies eine Region, wo wir einen Teil des Winters verbringen wollen? Und wenn ja, an welchem Ort? Auf jedem Übernachtungsplatz fragen wir uns: Wollen wir hier länger, vielleicht sogar Monate bleiben?

Wir sind teils auf riesigen Campingplätzen, um uns herum sind ein Großteil sogenannte »Überwinterer«, mit denen wir ins Gespräch kommen. Viele kommen schon seit vielen Jahren hierher, bleiben bis zum Frühjahr und bilden richtige Communitys. So stehen in der Nähe unseres Stellplatzes in Olhão viele Überwinterer aus Finnland, Norwegen und Schweden.

Dauercamper auf dem Campingplatz Olhão

Alternativ recherchieren wir über weitere Reisemöglichkeiten, unter anderem ist im Gespräch nach Marokko überzusetzen oder weiter durch Spanien und dann über Sardinien nach Süditalien zu reisen.

Tatsächlich ist die weitere Reiseroute ein kompliziertes Thema. Wir dürfen uns nicht zu schnell in Richtung Osten bewegen, um nicht unerwartet in kalte Regionen zu geraten. Wir sind viel stärker als bisher auf Camping- oder Stellplätze mit guter Infrastruktur angewiesen. Spätestens nach drei bis vier Tagen müssen die Bord-Batterien nachgeladen werden. Die Sonne scheint zwar beständig, steht jedoch zu tief, um genügend Solarenergie zu liefern. Da die Nachttemperaturen aktuell auf sechs Grad absinken, müssen wir Heizen und wir brauchen eine warme Dusche. Hier in Portugal und in Südspanien sind viele Campingplätze noch geöffnet, in anderen Regionen hingegen wird es schwer werden, Orte mit der notwendigen Infrastruktur zu finden.

Im Winter mit unserem kleinen VW-Bus unterwegs zu sein, entwickelt sich manchmal zu einem logistischen Abenteuer.

Bisher bietet kein Ort für uns einen Anreiz, dort zu überwintern und so entscheiden wir uns zunächst für die gemächliche Weiterreise entlang der Algarve in Richtung Spanien.

Küstenwanderung

Aktuell befinden wir uns im Großraum Faro und haben dort einige interessante Ausflüge unternommen.

Westlich von Faro findet man die berühmten Klippen, deren Gestein recht weich ist. Deshalb konnte die Brandung viele Höhlen in die Felsen hineinarbeiten. Die berühmteste ist vermutlich die Benagil Höhle, die man nur vom Wasser aus erreichen kann. Sie wird von unterschiedlichen Orten aus, mit kleineren Motorboten angesteuert.

Auch wir haben eine solche Fahrt unternommen. Am Strand von Benagil liegen kleine Schnellboote, die von kräftigen jungen Männern unter lauten Rufen ins Wasser gezogen werden. Das Boot fährt dicht an der Küste entlang und steuert die Höhlen und Buchten an. Das Wasser leuchtet zwischen hellgrün und blau und die Felsen strahlen im Kontrast dazu in einer Farbpalette, die von Gelb über Orange bis hin zu Ocker reicht; die vielen Farben sind überwältigend.

Am Ende jeder Fahrt spielt der Bootsführer »James Bond« und lässt das Schnellboot in vollem Tempo auf den Strand rutschen.

Aber auch vom Land aus ist die Küste beeindruckend. Es gibt einen Klippenweg durch das Naturschutzgebiet, der in einer Richtung ca. 6,5 km lang ist und auch jetzt im Winter noch stark frequentiert ist. Streckenweise ist der Weg gut ausgebaut, an manchen Abschnitten muss man etwas klettern. Die Wanderung inklusive der Bootsfahrt ist wunderbares und empfehlenswertes Tagesprogramm.

Östlich von Faro wird die Küste flach und hier gibt es über weite Strecken Becken, die zur Salzgewinnung dienen oder dienten. Auch diese Bereiche stehen unter Naturschutz und viele Vögel finden hier eine Nahrungsgrundlage und zeitweilig ihre Heimat. Wir haben hier zum ersten Mal Flamingos in freier Wildbahn gesehen, aber auch wieder unzählige Störche und viele andere Wasservögel.

Weit hinter den Salzbecken sieht man vorgelagerte Sandbänke, die wir mit einer der wenigen Fähren ansteuern, die im Winter noch verkehren.

Mit der Fähre nach Culatra

Auf den Sandbänken leben einige Fischer-Familien, ansonsten findet man in dieser vegetationsarmen Zone viele Ferienbungalows in der Nähe der breiten Sandstrände. In den Sommermonaten mag es hier ziemlich voll sein, aktuell wirkt alles sehr verlassen und die vielen Strandbars und Restaurants sind fast alle geschlossen.

Geschlossene Strandbars
Ungenutzte Ferienhäuser in der Nachsaison

Faro

Wir waren erstaunt, wie nahe der stark frequentierte Flughafen von Faro an der Innenstadt liegt. Man kann vom Hafen der Stadt die startenden und landenden Flugzeuge beobachten und vor allem auch hören.

Faro besitzt eine schöne historische Innenstadt, welche man jedoch schnell erkundet hat.

erlässt man den Innenstadtbereich, wirkt die Stadt recht unbelebt. Viele Häuser sind unbewohnt und in schlechtem Zustand. Aber es scheint sich etwas zu tun: Zwischen den Leerständen findet man neue Restaurants und einige schicke Läden.

In Portugal werfen wir gelegentlich einen Blick auf die Angebote der Immobilienbüros. Die Preise für Wohnungen und Häuser scheinen teilweise höher als in Deutschland zu sein und das Angebot richtet sich vermutlich ausschließlich an ausländische Investoren.

Und dann war da noch …

… dieses unglaublich schöne Licht über dem Meer.

Im Hinterland der Algarve

18. bis 23. November 2023

Von Alvor aus starten wir nach Norden ins Gebirge, auch weil dort der von Pietro empfohlenen Stellplatz liegt. Auf dem Weg zu dem Bergdorf Monchique kommen wir durch das Tal der Störche und staunen nicht schlecht über die hohe Anzahl der Vögel und an welchen abenteuerlichen Stellen sich die Nester befinden. Kaum ein Strommast ohne Storchenpaar. Manche Masten sind wahre »Mehrfamilienhäuser«: Die Störche haben ihre Nester auf unterschiedlichen Ebenen gebaut.

Monchique ist der Hauptort der nach ihm benannten Serra de Monchique. Dieses Gebirge ist einerseits die Grenze zu Alentejo und bildet andererseits für das dahinter liegende Gebiet einen natürlichen Windschutz, vor den teils kühlen Atlantikwinden.

Der Ort Monchique liegt etwa 450 Meter hoch, am Hang des Foia, dem mit über 900 Höhenmetern höchsten Berg der Algarve. Der kleine Ort gefällt uns, er strahlt Ruhe aus, wir wandern durch einen Korkeichenwald die sehr steilen Kopfsteinpflasterstraßen hoch bis zu einem verfallenen Kloster.

Das Kloster ist jedoch nicht unbewohnt, im Inneren leben eine Menge Hühner. Gegen ein kleines Trinkgeld lässt uns der Besitzer dieser kleinen Hühnerfarm in die Klosterkirche.

Von hier oben haben wir einen herrlichen Panoramablick auf die Berge und die kleinen Dörfer rings herum.

Am Nachmittag fahren wir zum Stellplatz, der sehr abseits in den Bergen liegt und gleich unsere Begeisterung weckt. Nur 14 Plätze gibt es hier und wieder haben wir einen herrlichen Blick ins Tal und auf die Berge rundherum.

Am nächsten Tag starten wir von hier aus eine Wanderung. Vorbei an Erdbeerbäumen, eine Pflanze, die uns bis vor kurzem noch völlig unbekannt war und die wir das erste Mal in Nordspanien entdeckt haben. Leider waren die Beeren dort noch unreif.. Hier sind die Früchte jetzt reif zur Ernte und werden zu einem Schnaps verarbeitet, der eine Spezialität dieser Gegend ist.

Wir sind auf der Suche nach weiteren Alternativen zu den großen Campingplätzen an der Küste und entdecken auf Park4night-App die Möglichkeit auf Orangenplantagen zu übernachten. Dies ist ein Grund weshalb wir unser nächstes Ziel ansteuern: Silves, eine kleine Stadt, die etwa 20 Kilometer entfernt von der Küste liegt. Und auch hier landen wir einen Treffer. Wir finden einen Platz bei einem niederländischen Paar, die einige Wohnungen und 3 Stellplätze anbieten, inmitten einer Orangen- und Zitronenplantage. Um uns herum Katzen, friedliche Hunde, Hühner und Obst soviel wir wollen. Außerdem haben wir eine schnuckelige kleine Außenküche und ein eigenes Mini-Badezimmer.

Aus einer Übernachtung werden schließlich vier. Jeden Tag gibt es frisch gepressten Orangensaft aus der bereitgestellten Saftpresse.

Sicher wären wir auch noch länger geblieben aber das hügelige Hinterland bietet zwar viele Wege zum Wandern, jedoch ist die Landschaft nicht sehr abwechslungsreich.

Die Stadt Silves ist die älteste Stadt der Algarve und war lange Zeit Teil eines arabischen Kalifats und aus dieser Zeit stammt auch das aus rotem Sandstein gebaute Castelo dos Mauros. Diese Kasbah, welche die Silhouette der Stadt prägt, erstreckt sich auf einer Fläche von rund 12.000 m².

Man findet in der Stadt auch nette Restaurants und Geschäfte und auch Zahnärzte. Bei Jörg war wegen Zahnschmerzen der erste Arztbesuch auf unserer Reise notwendig. Eine Entzündung der Nerven eines Backenzahns wurde als Ursache der Schmerzen identifiziert. Zunächst sollte die Entzündung behandelt werden, der Zahn könnte dann später in Deutschland gezogen werden, so die Aussage des Arztes. Hoffen wir mal, dass der Zahn das auch so sieht.

Camera Obscura

Nach längerer Zeit gab es wieder eine Fortsetzung des Camera-Obscura-Projekts.

Algarve

Erste Eindrücke

13. bis 17. November

Wir nähern uns der Algarve und damit auch Orten, wo wir eventuell längere Zeit verbringen wollen und sozusagen unser Winterquartier aufschlagen wollen. Aber dazu später.

Als erstes Ziel steuern wir Sagres und Cabo de Sao Vincente an, welches die südwestlichsten Orte Portugals und des europäischen Festlands sind. Auf dem gut gefüllten Campingplatz treffen wir schon die ersten Überwinterer und einige Surfer.

Zunächst radeln wir vom Campingplatz aus zum Cabo de Sao Vicente, vorbei an einem Surferstrand, der innerhalb dieser Szene sehr beliebt ist.

Die Wellen sind dort hoch, aber nicht so wild wie an den Stränden West-Portugals.

Auf den bis zu 50 Meter hohe Klippen am Ende Europas steht ein Leuchtturm, dessen Licht noch bis zu 50 Kilometer weit vom Meer aus zu sehen ist. Leider ist er an diesem Tag geschlossen, sodass wir nicht hinaufsteigen können. Auch auf die letzte Bratwurst vor Amerika, die an einer Bude angeboten wird, verzichten wir. Als Thüringer Wurstexperten wären wir von dem Geschmackserlebnis vermutlich enttäuscht. Stattdessen lassen wir die kargen Klippen, das tosende Meer und den starken Wind an diesem Ort auf uns wirken.

Hier am nordwestlichsten Zipfel Europas beginnt der Rad-Fernwanderweg Nr. 1, den wir oft während unserer Reise gefolgt sind.

Sagres selbst hinterlässt keinen bleibenden Eindruck bei uns. Der Ort wirkt seltsam zersiedelt, ohne Kern und mit vielen Appartements für Urlaubsgäste, aber die vielen unterschiedlichen Strände beeindrucken uns schon und vor allem die Vielzahl an Surfern, die auf eine perfekte Welle im Meer lauern.

Nach zwei Tagen ziehen wir weiter, mit der Erkenntnis, dass dies kein Ort ist, an dem wir länger verweilen wollen.

Unser nächstes Ziel ist Portimao, aber nicht zum Verweilen, sondern wegen eines Termins zum Reifenwechsel. Dieser war notwendig, weil sich die Reifen auf den bisherigen 17.000 km unterschiedlich abgefahren haben. Nach dem Tausch von Vorder- und Hinterrädern hoffen wir, mit dem noch verbliebenen Profil noch bis nach Hause zu kommen.

Der Reifenwechsel hat noch einen anderen positiven Effekt für unsere Reise. Wir lernen den Mechatroniker Pietro kennen, der uns einen kleinen Stellplatz im Gebirge empfiehlt, der von seiner Frau betrieben wird. Ein herrlicher Platz, wie sich später herausstellt.

Nächster Halt: Alvor

Aber zunächst bleiben wir noch an der Küste und fahren nach Alvor auf einen Campingplatz. Hier herrscht ein buntes Gemisch von Urlaubern, Überwinterern und auch Dauercampern. Ein teils sehr skurriles Durcheinander.

Alvor ist eine kleine typisch portugiesische Stadt, die sich im Mündungsdelta des Ria da Alvor befindet. Zwischen der Stadt und dem Meer liegt ein breiter Dünengürtel, den man auf erhöhten Stegen durchqueren kann und dabei herrliche Ausblicke auf die Stadt, den Fischerhafen, das Meer und den Fluss hat.

Von Alvor unternehmen wir mit dem Linienbus einen Ausflug nach Lagos, um die Stadt und die berühmten Klippen der Ponta da Piedade zu besuchen. Tatsächlich bietet sich an dieser Küste eine Aussicht, wie man sie zu kennen glaubt, weil man diese oder ähnliche Küstenpanoramen schon in unzähligen Reiseprospekten gesehen hat. In der Realität sind die Felsen mit ihren unterschiedlichen Orange- und Brauntönen viel beeindruckender als es die Bilder vermitteln können.

Das Meer hat in Millionen von Jahren eine gewaltige Kulisse geschaffen. Filigrane Bögen und Tore aus Stein, Höhlen, Buchten und spitze Felsnadeln. Bei jedem Schritt verändert sich das Panorama.

An manchen Stellen gibt es Treppen, die zu kleinen Sandstränden führen. Man kann die Klippen der Ponta da Piedade auch mit kleinen gemieteten Kajaks erkunden, die mit einem Motorboot in die Nähe der Klippen gezogen werden. Von dort aus fährt man auf eigene Faust durch die Buchten. Oder man lässt sich bequem in kleinen Motorbooten durch die beeindruckende Klippenlandschaft fahren.

In den vergangenen Monaten sind wir überwiegend den Küstenlinien Europas gefolgt. Wir haben so viele beeindruckende Küstenabschnitte erlebt und denken, dass sich die Eindrücke kaum noch toppen lassen. Es wird daher Zeit für einen Abstecher ins Landesinnere.

Lagos

Lagos: Wunderschöne Gebäude und Plätze

Zambujeira do Mar

8. bis 12. November 2023

Unser nächstes Ziel ist Zambujeira do Mar an der Westküste Portugals, noch in Alentejo gelegen, aber nahe der Grenze zur Algarve. Wir wählen den Ort, um nach der anstrengenden Zeit etwas zur Ruhe zu kommen und weil wir von dort aus dem Fischerpfad, einem vielversprechenden Wanderweg, folgen können.
Nachdem wir uns glücklicherweise unfallfrei durch den teils chaotischen Stadtverkehr Lissabons gequält haben, nähern wir uns meist auf Nebenstraßen wieder dem Atlantik. Wieder geht es kilometerweit durch eine dünnbesiedelte Landschaft mit beeindruckenden Pinien- und Korkeichenwiesen.

In den kleinen Häusern auf dem Campingplatz übernachten aktuell einige Wanderer.

Der Campingplatz in Zabujeiro do Mar erweist sich als ein Glücksfall, mit einem umfangreichen Serviceangebot und viel Ruhe. Die ersten 2 Tage verbringen wir fast ausschließlich auf dem Platz, abgesehen von kleinen Spaziergängen in den Ort und zum Strand. Ausruhen, Lesen, Wäsche waschen, Bus aufräumen und putzen, Büroarbeiten und kleinere Reparaturen am Bus sind angesagt. Und auch die Sonne kommt wieder hervor, sodass wir endlich wieder draußen kochen und essen können.

Die Kapelle von Zabujeiro do Mar liegt direkt an den Klippen

Am dritten Tag starten wir mit unseren Wanderungen. Zunächst geht es in nördliche Richtung, am Tag darauf nach Süden und am letzten Tag unternehmen wir eine Radtour zum Leuchtturm Farol do Cabo Sardao, der direkt am Wanderweg liegt.
Der ursprüngliche Fischerpfad ist etwa 75 Kilometer lang und gehört heute zum Rota Vicentina, einem 230 Kilometer langen Wanderwegenetz an der Südwestküste Portugals.

Die Wegzeichen des Rota Vicentina

Der Weg geht meist direkt an der Steilküste entlang, teils auch über Sandstrände und durch kleine Wälder. Streckenweise ist der Weg recht anspruchsvoll und auch schwindelfrei sollte man sein, denn er verläuft manchmal sehr nah am Abgrund.

Immer wieder neue grandiose Ausblicke auf die Küste, die Wellen branden gegen die Felsen, wir laufen manchmal im Salznebel.

Und wir entdecken bewohnte Storchenhorste direkt auf Felsen im Meer und fragen uns, wie diese den Stürmen standhalten und ob es sich vielleicht um die Störche handelt, die wir am Beginn unserer Reise in Ost- oder Nordeuropa gesehen haben.

Der Fischerpfad ist absolut lohnenswert und ist für uns einer der beeindruckendsten Wanderwege, die wir gegangen sind. Wir werden sicher weiter südlich nochmals einen anderen Teil des Rota Vicentina erkunden.

Abschließend noch ein paar Gedanken zu den Fotos: An diesem Ort wird besonders deutlich, wie wenig die Bilder imstande sind, die Gesamtheit der Situation wiederzugeben. Diese unglaubliche Kraft, der Naturgewalten kann ein Foto nur unzulänglich transportieren. Es fehlen gleich mehrere Dimensionen. Man hört nicht das dumpfe Donnern, wenn die meterhohen Wellen sich überschlagen und gegen die hohen Felsen krachen. In der Nacht, wenn wir im Bus liegen, kann man das dunkle Grollen der Brandung noch weit im Landesinneren hören.

Die Bildern können auch nicht die intensiven Gerüche nach Salz und Meer wiedergeben, welche die Gischt auf die hohen Klippen hinauf weht.

Es ist kaum zu fassen und zu erfassen wie wild und schön Europa sein kann und wir sind immer wieder froh solche Naturschauspiele auf unserer Reise erleben zu dürfen.