18. bis 20. Juni 2023
Liebe Blogbesucher*innen und Reisebegleiter*innen, einige von Euch haben sicherlich schon bemerkt, dass diese Website zeitweilig nicht erreichbar ist. Die Ursache ist bislang unklar und für mich unterwegs schwer zu ermitteln. Ich hoffe, dass bald eine Lösung für dieses Problem gefunden werden kann. Bis dahin bitte ich um Geduld, wenn die Seite mal wieder nicht erreichbar ist.
Das alte Kiruna ist eine Geisterstadt. Vor einigen Häuserblocks befinden sich blaue Bauzäune, hinter denen sich Schuttberge türmen. Durch die Fenster eines Restaurants sieht man noch die komplette Einrichtung, alles ist von einer dicken weißen Staubschicht überzogen. In der Mitte des Raums brennt eine einzelne Glühbirne. Auf den Straßen trifft man nur wenige Menschen. Aus einem Haus ist laute Jazzmusik zu hören. Wir haben das Gefühl, uns mitten in einer Filmszenerie zu befinden. Was ist hier passiert?
Die unterirdischen Bergbauschächte haben sich in den letzten Jahrzehnten immer weiter unter die Stadt geschoben. Dadurch besteht für einige Stadtteile die Gefahr von Bergschäden. 2020 gab es hier ein Erdbeben der Stärke 4,9. Als Auslöser vermutet man den Bergbau. Schon vor diesem Ereignis hat man beschlossen, die Stadt abzureißen und 5 Kilometer entfernt neu aufzubauen, um weiterhin Bodenschätze fördern zu können. Ein gewaltiger logistischer und finanzieller Kraftakt, der deutlich macht, wie wertvoll die hier geförderten Metalle sind.
Bis 2040 soll der Umzug der Stadt noch dauern. Aktuell wurden bereits einige Gebäude des neuen Zentrums fertiggestellt.
Die Stadt Kiruna existiert nur deshalb, weil man hier das weltweit größte bislang bekannte Erzvorkommen und weitere wertvolle Bodenschätze, wie Gold und seltene Erden gefunden hat. Das Erz wird hier aufbereitet und mit langen Güterzügen nach Narvik oder an den Ostseehafen Lulea transportiert, um von dort aus in alle Welt verschifft zu werden.
Man muss diese gigantische Maschinerie der Erzförderung in Aktion gesehen haben. Daher haben wir an einer Führung durch die Mine teilgenommen und wurden dazu mit einem Bus etwa 500 Meter unter die Erde gebracht.
Aktuell findet die Erzförderung in einer Tiefe von 1360 Metern statt. Zukünftig möchte man mithilfe von ferngesteuerten Maschinen und Robotern in eine Tiefe von 2000 Metern vordringen. Die staatliche Abbaugesellschaft LKAB hat sich ein großes Ziel gesteckt. In einigen Jahren soll der gesamte Produktionsprozess klimaneutral durchgeführt werden. Dies möchte man durch den Einsatz von Wasserstoff erreichen, der durch Wasserkraft erzeugt werden soll.
Bislang wird Stahl unter Verwendung von Kohle hergestellt und ist so für einen großen Anteil des jährlichen CO2-Ausstoßes verantwortlich. Stahl ist für unsere Gesellschaft derzeit unverzichtbar und wird bei der Herstellung vieler Produkte benötigt. Man rechnet damit, dass der Stahlbedarf in den kommenden Jahrzehnten noch um 50 % steigen wird.
Insgesamt war diese Führung durch das Bergwerk schon sehr interessant, aber sie war natürlich auch eine große Werbeveranstaltung für die Firma LKAB.
Wenn man die riesigen Minenanlagen und Abraumhalden am Rande der Stadt sieht, kommt man ins Grübeln über den Lebensstil unserer Gesellschaft. Diese großen Wunden werden unter anderem deshalb in die Landschaft gerissen, damit unsere Smartphones und Autos weiterhin im gewohnten Umfang produziert werden können.
Es gibt ein weiteren wichtigen Aspekt zum Thema Umgang mit der Natur: Dieses Abbaugebiet befindet sich in Lappland, deren Ureinwohner, die Samen, einen besonderen Respekt vor der Natur besitzen. Sie kennen acht Jahreszeiten, die den Ablauf ihres Lebens und ihrer Arbeit bestimmten. Früher waren die Samen ein nomadisches Volk, das im Wander-Rhythmus ihrer Rentierherden durch Lappland zogen. Heute können die Samen kaum mehr von der Rentierzucht leben und sie müssen ihre Herden auch nicht mehr begleiten.
Woher wir das wissen? Wir haben auf einer Rentier-Loge übernachtet, womit sich deinige Angehörige dieser ethnischen Gruppe ein neues Standbein zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts aufgebaut haben. Touristen können dort in luxuriösen Jurten übernachten und es gibt einen kleinen Stellplatz für Wohnmobile. Dort haben wir auch Eintrittkarten für das Nutti Sámi Siida Museum erhalten, welches interessante Einblicke in die Kultur und die traditionelle Lebensweise der Samen gewährt.
Was uns besonders erschüttert hat: Zwei von drei Rentierhirten begehen den Versuch der Selbsttötung, weil die Ausübung ihres Berufs immer schwieriger wird und sie es als ethnische Minderheit schwer haben, von der übrigen Gesellschaft akzeptiert zu werden.