In den Carrara Steinbrüchen

11. Februar 2024

Auf dem Weg nach La Spezia kommen wir an Carrara vorbei und beschließen spontan, einen Abstecher zu den berühmten Marmor-Steinbrüchen zu machen. Von weitem sieht man schon die weißen Abbaugebiete an den Hängen der Berge.

Bereits die Römer bauten ab ca. 200 v. Chr. hier Marmor für ihre Statuen ab. Danach war es für einige Zeit ruhig in den Steinbrüchen. Etwa um das Jahr 1000 wurde der Ort Caraira, das heutige Carrara, gegründet. Für den Bau einer Pfarrei hat man die Steinbrüche um das Jahr 1250 reaktiviert. Im 19. Jahrhundert wurde Carrara in Italien zum Zentrum der Steinbearbeitung. 10.000 Arbeiter waren in den Steinbrüchen beschäftigt und der Abbau wurde zunehmend industrialisiert.

Im Zweiten Weltkrieg kämpfte die Wehrmacht in der Gegend rund um Carrara gegen die Partisanen und beging in den umliegenden Orten fürchterliche Massaker, denen mehrere hundert Menschen zum Opfer fielen. Die Steinbrucharbeiter, die sich vielfach der Bewegung der Anarchisten zugehörig fühlten, leisteten erbitterten Widerstand gegen die deutschen Besatzer. Während der Kämpfe wurden die Einrichtungen in den Steinbrüchen nahezu vollständig zerstört.

Heute muss sich der Marmor-Abbau gegen die Konkurrenz aus China, Indien und Brasilien behaupten. In der Kritik stehen aktuell die Arbeitsbedingungen in den Steinbrüchen, da in den vergangenen 10 Jahren acht Arbeiter bei Arbeitsunfällen getötet wurden.

Wir versuchten zu recherchieren, ob man im Winter die Steinbrüche besichtigen kann. Es werden ganzjährig Touren im Geländewagen durch die Abbaugebiete angeboten, doch als wir den Ausgangspunkt erreichen, der uns auf Google-Maps angezeigt wird, finden wir nur eine verschlossene Baracke und einen davor geparkten Landrover.

Es ist auch ein gänzlich ungeeigneter Termin für eine Besichtigungstour, denn es regnet schon seit drei Tagen in Strömen. Das Regenwasser fließt von den Hängen auf die Straßen und auf flachen Strecken bilden sich kleine Seen.

Zudem ist es Wochenende, daher stehen die Maschinen still und fast kein Mensch ist in dem Gebiet zu sehen. Es scheint nicht verboten zu sein, die Straßen zu benutzen, die durch die Steinbrüche führen. Also machen wir uns ohne Führer auf den Weg. Eine abenteuerliche Tour: Über einspurige Straßen und durch enge, unbeleuchtete Tunnel fahren wir durch das ausgedehnte Gelände. Der starke Regen und die Überflutungen verleihen der Szenerie eine unheimliche Atmosphäre.

Trotz der widrigen Wetterbedingungen war es absolut lohnenswert, diesen Abstecher zu machen und ganz individuell das Gelände zu erkunden.

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