10. bis 13. Dezember
El Puerto de Santa Maria
Nach dem Trubel in Sevilla zog es uns wieder an die Küste. Wir wählten einen Campingplatz direkt am Meer im Ort El Puerto de Santa Maria, auch weil man von dort aus die Möglichkeit hat mit einem Schiff nach Cadiz zu fahren.
El Puerto liegt an der Mündung des Rio Guadalete in der Bucht von Cadiz. Auf der einen Seite der Mündung findet man die uns schon bekannte Lagunenlandschaft vor, die wir wieder mit den Fahrrädern erkundet haben. An der anderen Seite des Ortes hat man Zugang zum Meer mit seinen vielen Sandstränden, die im Sommer vor allem bei spanischen Touristen beliebt sind.
Doch eine wichtige Besonderheit hätten wir fast verpasst: El Puerto, wie die Stadt von den Einheimischen genannt wird, liegt an der südlichen Spitze des »Sherry-Dreiecks«. Mehrere bedeutende Sherry-Produzenten haben hier ihre Bodegas, wie die Weinkeller genannt werden.
Osborne
Im Jahr 1772 gründete der Engländer Thomas Osborne in Cadiz die gleichnamige Sherry-Kellerei. Rund 50 Jahre später zog die Firma nach El Puerto de Santa Maria, wo die Produktionsbedingungen ideal sind. Die Weinanbaugebiete befinden sich in der Nähe, die klimatischen Bedingungen sind gut und die Sherryfässer konnten von hier direkt verschifft werden.
Obwohl wir uns bereits seit einigen Tage in El Puerto de Santa Maria aufhielten, hätten wir den Besuch bei Osborne beinahe verpasst. Erst einen Tag vor unserer geplanten Weiterreise kamen wir zufällig an den riesigen Sherry-Lagerhallen vorbei und recherchierten am Abend, ob ein Besuch der Kellerei möglich wäre. Leider schienen für den nächsten Tag alle Termine ausgebucht zu sein. Wir fuhren am nächsten Morgen trotzdem zum Besucherzentrum. Und siehe da, es war überhaupt kein Problem an einer Führung teilzunehmen, da sich bislang nur drei Personen angemeldet hatten.
Wir sind froh, dass wir diese Führung nicht verpasst haben, denn sie war wirklich interessant. Zunächst besuchten wir eine der riesigen Hallen der Kellerei. Hier lagern die Fässer, die aus amerikanischer Eiche hergestellt werden und rund 160 Jahre lang genutzt werden können. In ihnen reifen 500 bis 600 Liter trockener Weißwein, meist aus der Palomino Traube, zu köstlichem Sherry.
Die Lagerhallen wirken wie Kirchenschiffe und dies ist keineswegs ein Zufall. In den hohen Räumen herrscht ganzjährig eine ziemlich gleichmäßige Temperatur und Luftfeuchte, was für die Reifung des Sherrys wichtig ist.
Durch unterschiedliche Reifeprozesse entstehen trockene bis süße Sherrys, die als Aperitif, zu unterschiedlichen Speisen oder nach der Mahlzeit getrunken werden.
So richtig berühmt wurde die Firma Osborne ab dem Jahr 1956, als sie den Designer Manolo Prieto beauftragten, ein neues Firmenlogo zu entwerfen. Das neue Logo wurde der berühmte Stier, der in den folgenden Jahren in immer größeren Dimensionen an Spaniens Straßen aufgestellt wurde.
Die Höhe der aktuellen Stiere, die aus Stahlblech gefertigt sind, beträgt 14 Meter. Zwischenzeitlich ist dieses Logo so bekannt, dass der schwarze Stier für viele Menschen Spanien symbolisiert.
Eigentlich verbietet eine EU-Verordnung, dass solch große Werbeschilder heute an Straßen aufgestellt werden, weil die Gefahr besteht, das die Fahrer*innen dadurch abgelenkt werden. Spanien klassifizierte die Tafeln jedoch als Symbol von nationaler Bedeutung und daher dürfen die überdimensionalen Stiere bis heute an den Straßen stehen.
Nach der Einführung des Stier-Logos entwickelte sich das Familienunternehmen Osborne rasant und unter dem Dach der Firma werden heute eine Vielzahl von Spirituosen vermarktet. Auch der Stier selbst prangt auf Kleidungsstücken und Merchandise Artikeln.
Nach der Theorie ging es in die Praxis: Um 11 Uhr vormittags warteten fünf gut gefüllte Sherrygläser auf uns. Nach dieser Verkostung konnten wir unmöglich weiterfahren und verlängerten auf dem Campingplatz um eine Nacht.
Cadiz
Von El Puerto de Santa Maria, fuhren wir mit dem Linienschiff nach Cadiz.
Der Legende nach soll Cadiz von Herakles gegründet worden sein. Geschichtlich gesichert ist, dass die günstige Lage von phönizischen Kauffahrern erkannt wurde und diese hier einen Stützpunkt gründeten. Damals lag Cadiz noch auf einer Insel. Erst im 17. Jahrhundert entstand die Verbindung mit dem Festland.
Wer geschichtlich interessiert ist, sollte die Stadtgeschichte auf Wikipedia nachlesen. Wegen der strategisch wichtigen Lage gaben sich hier alle bedeutenden Kulturen des Altertums »die Klinke in die Hand«.
In einem Artikel der Zeitung »Welt« schrieb die Autorin Annette Prosinger: »Cadiz müsste es auf Rezept geben: Das Licht in der spanischen Stadt am Atlantik wirkt wie ein Antidepressivum. Man muss Cádiz für vieles rühmen, am meisten aber für sein Licht. Als gäbe es hier mehr als eine Sonne, als hätte der Himmel Scheinwerfer auf diese Stadt geworfen, als wäre der Atlantik, der sie umgibt, mit nichts anderem beschäftigt, als diesen Glanz zu verdoppeln, verzehn-, verhundertfachen.«
Wir sind einen Tag durch die Stadt flaniert und können die Besonderheit dieses Lichtes nur bestätigen.